Medikamente im Alter

Von Dr. med. Nina Buschek
und , Chemikerin, Medizinjournalistin
Ingrid Müller

Ingrid Müller ist Chemikerin und Medizinjournalistin. Sie war zwölf Jahre Chefredakteurin von NetDoktor.de. Seit März 2014 arbeitet sie als freie Journalistin und Autorin unter anderem für Focus Gesundheit, das Gesundheitsportal ellviva.de, den Verlag living crossmedia und den Gesundheitschannel von rtv.de.

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Menschen über 60 Jahre nehmen in Deutschland mehr als die Hälfte aller verordneten Arzneimittel ein. Typische Erkrankungen im Alter, die mit Tabletten & Co. behandelt werden, sind beispielsweise Bluthochdruck, Altersdemenz, Parkinson, Typ-2-Diabetes, Gefäßverkalkung (Arteriosklerose), Gelenkverschleiß (Arthrose) und Knochenschwund (Osteoporose).

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Je älter ein Mensch ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass er mehrere Krankheiten gleichzeitig hat und desto mehr Medikamente muss er vermutlich einnehmen. Nicht selten sind es zehn Medikamente und mehr pro Tag, schätzen Experten. Es gibt aber einige Tipps, die Betroffenen bei der Medikamenteneinnahme helfen.

Therapietreue - dabei bleiben

Wichtig ist, dass Sie Ihre Arzneien regelmäßig einnehmen - in der richtigen Dosierung und zum richtigen Einnahmezeitpunkt. Allerdings sinkt bei vielen Menschen die Therapietreue (Compliance), wenn sie gleich mehrere Medimente einnehmen müssen. Ein häufiger Grund, Medikamente abzusetzen, ist die Angst vor Nebenwirkungen. Das hängt oft mit den Angaben im Beipackzettel und der langen Liste an möglichen unerwünschten Wirkungen zusammen. Sie können, müssen aber nicht alle bei Ihnen gleichzeitig auftreten. Fragen Sie Ihren Arzt und lassen Sie sich alles gut erklären - dann fällt auch die Therapietreue leichter.

Medikamenteneinnahme - Tipps

Sie können sich schlecht merken, wann, wie oft oder wie viele Tabletten Sie einnehmen sollen? Manche Menschen kommen gut zurecht, wenn sie sich jeden Morgen die Medikamentdosis für den gesamten Tag zurecht legen beziehungsweise. sie in einer Pillendose aufbewahren. Einen noch besseren Überblick haben Sie, wenn sie die Medikamente für eine Woche in einen speziellen Behälter einsortieren (Dosette). Lassen Sie sich im Zweifelsfall helfen, wenn Sie es nicht alleine schaffen. So stellen Sie sicher, dass Sie nicht zu viel oder zu wenig Medikamente einnehmen. Auch Einnahmepläne, die einfach und gut lesbar sind, bieten eine gute Orientierung für die Medikamenteneinnahme.

Fragen Sie Ihren Arzt, ob es Ihre Arzneimittel möglicherweise als Einmaldosierungen gibt, denn so bleibt die tägliche Anzahl der Mittel überschaubar.

Wenn Sie unter einer Sehstörung leiden (z.B. Grauer Star, Grüner Star, Makuladegeneration), sind optisch ähnliche Darreichungsformen oft schlecht zu unterscheiden (rote Kapseln, orangefarbene Kapseln). Fragen Sie einen Angehörigen, falls Sie sich nicht sicher sind, welches das richtige Medikament ist. Ansonsten hilft auch auch das Einsortieren in Behältnisse, die Sie gut erkennen können. So vermeiden Sie, dass Sie das falsche Arzneimittel zum falschen Zeitpunkt einnehmen.

Wer motorische Störungen hat (z.B. Parkinson, nach Schlaganfall, Rheuma), tut sich oft schwer, Medikamentenverpackungen zu öffnen, Tropfen abzuzählen oder Tabletten zu teilen. Sagen Sie Ihrem Arzt, wenn Sie dabei Schwierigkeiten haben. Manchmal gibt es Alternativen, mit denen Sie besser zurecht kommen. Vielleicht lassen Sie sich aber auch von einem Angehörigen helfen.

Achten Sie darauf, Ihre Medikamente mit einem Glas Wasser einzunehmen. Schlucken Sie diese auf keinen Fall "trocken" hinunter, denn die Wirkstoffe werden so schlechter ins Blut aufgenommen und die Wirkung setzt später ein.

Sagen Sie jedem Ihrer behandelnden Ärzte, welche und wie viele Medikamente Sie insgesamt einnehmen - das gilt auch für Schlafmittel oder rezeptfreie Medikamente aus der Apotheke. Nur so können Ärzte mögliche Wechselwirkungen und Nebenwirkungen schnell erkennen.

Im Alter sind manche Beschwerden ganz normal. Vielleicht müssen Sie nicht gegen jedes Symptom ein Medikament einnehmen. Greifen Sie bei harmlosen Beschwerden, beispielsweise Halsschmerzen, auch mal auf ein bewährtes Hausmittel zurück. Wichtig ist, dass bestehende Krankheiten ausreichend behandelt werden. So bleibt die Anzahl der Medikamente, die Sie einnehmen müssen, überschaubar.

Priscus-Liste

Medikamente können auch bei richtiger Anwendung und Dosierung Nebenwirkungen verursachen. Dabei gibt es einige Arzneimittel, die besonders im Alter oft unerwünschte Effekte auslösen. Das gilt zum Beispiel für Chinidin (ein Mittel gegen Herzrhythmusstörungen), das Antibiotikum Nitrofurantoin, das Antidepressivum Amitriptylin und das Beruhigungsmittel Diazepam. Experten haben eine Liste solcher potenziell für Ältere ungeeigneter Medikamente erstellt: die sogenannte Priscus-Liste. Ärzte können sich bei der Behandlung älterer Patienten an dieser Liste orientieren. Die Priscus-Liste enthält nämlich nicht nur eine Auflistung von Wirkstoffen, die im Alter vermieden werden sollten, sondern in vielen Fällen auch besser geeignete Alternativen. So lässt sich das Risiko für Nebenwirkungen bei der medikamentösen Therapie älterer Menschen senken.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autoren:
Dr. med.  Nina Buschek
Ingrid Müller

Ingrid Müller ist Chemikerin und Medizinjournalistin. Sie war zwölf Jahre Chefredakteurin von NetDoktor.de. Seit März 2014 arbeitet sie als freie Journalistin und Autorin unter anderem für Focus Gesundheit, das Gesundheitsportal ellviva.de, den Verlag living crossmedia und den Gesundheitschannel von rtv.de.

Quellen:
  • Der Allgemeinarzt, 15/2006
  • Lemmer B. und Brune K.: Pharmakotherapie. Arzneitherapie im Alter. Springer-Verlag, 13. Auflage 2007
  • Projektverbund Priscus: www.priscus.net (Abruf: 30.05.2014)
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