Heilerde

Von , Apotheker, Arzt
und , Medizinredakteurin und Biologin
Benjamin Clanner-Engelshofen

Benjamin Clanner-Engelshofen ist freier Autor in der NetDoktor-Medizinredaktion. Er studierte Biochemie und Pharmazie in München und Cambridge/Boston (USA) und merkte dabei früh, dass ihm die Schnittstelle zwischen Medizin und Naturwissenschaft besonders viel Spaß macht. Deshalb schloss er noch ein Studium der Humanmedizin an.

Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Heilerde ist ein natürliches, mineralisches Pulver, das aus Löß (Löss) - einer Lehmart - gewonnen wird. Zu Heilzwecken wird sie vor allem in der volkstümlichen und alternativen Medizin genützt: äußerlich bei Hautproblemen und Hauterkrankungen (etwa als Heilerde-Maske) und innerlich bei Magen-Darm-Beschwerden (etwa in Form von Heilerde-Kapseln). Hier lesen Sie alles Wichtige über die Anwendung von Heilerde, Wirkung und mögliche Nebenwirkungen.

Heilerde

So wirkt Heilerde

Die Heilerde-Wirkung kann von der Zusammensetzung des Naturheilmittels beeinflusst werden. Diese ist nämlich nicht eindeutig definiert. Je nach Herkunft kann Heilerde unterschiedliche Anteile an Mineralien wie beispielsweise Kieselsäure, Kalzium-, Aluminium-, Magnesium- und Natriumsalzen, Silizium, Eisenoxid, Manganverbindungen und Phosphaten aufweisen.

Im Folgenden werden nur Wirkungen für spezifisch untersuchte Produkte aufgelistet. Diese müssen aber nicht zwangsläufig auf jede Art von Heilerde zutreffen.

Die Wirksamkeit der Heilerde wurde bislang nicht durch ausreichende wissenschaftliche Studien bestätigt. Dem gegenüber stehen positive Erfahrungen, die man teils schon seit Jahrhunderten in der Volksmedizin mit Heilerde gemacht hat.

Heilerde äußerlich angewendet

Wenn die äußerliche Anwendung von Heilerde gegen Pickel und andere Hautprobleme empfohlen wird (etwa als Heilerde-Maske), liegt das vor allem an folgenden Eigenschaften des Naturheilmittels: Das fein vermahlene Pulver soll - ähnlich wie medizinische Kohle - dank seiner riesigen inneren Oberfläche und einer hohen Absorptionsfähigkeit viele Substanzen binden, zum Beispiel überschüssigen Talg der Haut.

Aus dem gleichen Grund reinigen manche Menschen mit Heilerde ihre Haare.

Zudem weisen manche mineralische Erden eine antibakterielle Wirksamkeit auf. Deshalb soll Heilerde bei Akne-Haut mit ihren bakteriell entzündeten Pickeln von Nutzen sein.

Heilerde innerlich angewendet

Die Anwendung von Heilerde-Kapseln oder von im Wasser aufgeschlämmtem Pulver (Suspension) entfaltet je nach Zusammensetzung verschiedene Wirkweisen. Wenn etwa Heilerde bei Sodbrennen und saurem Aufstoßen empfohlen wird, liegt das an enthaltenen Carbonatsalzen. Sie machen die mineralische Erde zu einem Antazidum, also zu einem Mittel, das Magensäure binden und neutralisieren kann.

Außerdem soll die Einnahme - ebenso wie die äußerliche Anwendung - von Heilerde die Entgiftung unterstützen, indem das Naturprodukt sehr wirksam große Mengen an (unspezifischen) Stoffwechselprodukten und giftigen Substanzen bindet. Damit erklärt man sich die positive Wirkung von Heilerde bei Durchfall und entzündlichen Darmerkrankungen.

Auch der hohe Anteil an quellfähigen Substanzen soll das Naturprodukt zu einem geeigneten Mittel gegen Durchfall machen. Studien weisen zudem darauf hin, dass eine Heilerde-Sorte mit dem Tonmineral Smektit gegen Durchfall bei Kindern helfen könnte.

Heilerde: Anwendungsgebiete

Äußerlich wird Heilerde bei Haut-Problemen verschiedenster Art empfohlen, zum Beispiel bei:

  • zu Unreinheiten neigende Haut
  • fettige Haut
  • Akne
  • Ekzeme
  • Bartflechte (Hautpilzerkrankung bei Männern)
  • Wunden

Auch Haare waschen mit Heilerde soll ein guter Tipp sein.

Innerlich angewendet soll Heilerde Sodbrennen, Verdauungsbeschwerden und Durchfall lindern. Außerdem kann sie als unspezifische Mineralstoffquelle genutzt werden, wobei sich aber die Mineralstoffzusammensetzung je nach Produkt stark unterscheiden kann.

Heilerde: Anwendung

Viele Physiotherapiepraxen und auch Kurzentren bieten Heilerde-Anwendungen an, beispielsweise in Form von Packungen oder Heilbädern. Außerdem nutzen viele Menschen Heilerde als Hausmittel zur Selbstbehandlung.

Heilerde als Hausmittel

Heilerde wird meist in Form von Pulver angeboten. Dabei muss auf der Packung angegeben sein, ob es zur innerlichen oder nur zur äußerlichen Anwendung geeignet ist. Möchten Sie Heilerde einnehmen (also innerlich anwenden), können Sie sich auch Heilerde-Kapseln besorgen.

Heilerde, die laut Angabe auf der Packung nur zur äußerlichen Anwendung gedacht ist, sollte nicht innerlich angewendet werden!

Zur äußerlichen Anwendung wird das Heilerde-Pulver mit Leitungswasser zu einem homogenen Schlamm (Peloid genannt) angerührt. Dieser wird auf die Haut gestrichen, zum Beispiel als Heilerde-Gesichtsmaske oder -Packung. Genauere Angaben zu Dosierung und Anwendung entnehmen Sie bitte der Anleitung auf der Verpackung oder im Beipackzettel.

Wer selber Naturkosmetikprodukte herstellt, nutzt ebenfalls manchmal Heilerde. Um etwa Haare sanft zu reinigen und zu stärken, kann man Heilerde zusammen mit anderen wirksamen Zutaten (wie frischen Brennnesseln, Honig, Öl) zu einem Shampoo anrühren. Zur Gesichts- und Körperreinigung können Sie eine Waschlotion aus grüner Heilerde, Sahne und Honig herstellen (grüne Heilerde verdankt ihre Farbe bestimmten Inhaltsstoffen).

Für die innerliche Heilerde-Anwendung bestehen zwei Möglichkeiten: Sie können die in Wasser eingerührte pulverisierte Heilerde trinken oder Heilerde-Kapseln schlucken. Lesen Sie auf der Verpackung oder im Beipackzettel nach, welche Dosierung empfohlen wird und was eventuell sonst noch zu beachten ist.

Hausmittel haben ihre Grenzen. Wenn die Beschwerden über einen längeren Zeitraum bestehen, trotz Behandlung nicht besser oder sogar schlimmer werden, sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.

Heilerde: Nebenwirkungen

Je nach Herkunft variiert die Zusammensetzung von Heilerde. Die Nebenwirkungen können daher ebenfalls etwas unterschiedlich ausfallen.

Generell gilt bei äußerlicher Heilerde-Anwendung: Selten treten allergische Reaktionen auf. Ansonsten sind keine weiteren unerwünschten Effekte zu erwarten.

Bei der innerlichen Anwendung (besonders von Heilerde-Kapseln) wird gelegentlich zu wenig Flüssigkeit dazu getrunken. In der Folge kann sich ein Darmverschluss entwickeln. Durch die nachträgliche Aufnahme von viel Flüssigkeit ist dieser jedoch im Allgemeinen wieder reversibel.

Sehr selten sind bei chronischer, hoch dosierter Einnahme Nierenentzündungen aufgrund der oft enthaltenen Silikate beschrieben worden.

Was ist bei der Einnahme von Heilerde zu beachten?

Ob Kinder oder ältere Menschen – hinsichtlich Lebensalter gibt es im Allgemeinen keine Einschränkungen für die Anwendung von Heilerde. Eine Schwangerschaft ist ebenfalls in der Regel kein Hinderungsgrund. Allerdings sollten werdende Mütter vorsichtshalber auf stark aluminiumhaltige Heilerde verzichten.

Vorsicht geboten ist, wenn Sie neben Heilerde auch Medikamente einnehmen. Viele Arzneistoffe werden im Verdauungstrakt von der mineralischen Erde absorbiert und gelangen somit nicht ins Blut und damit ins Körperinner. Generell sollten Sie also Heilerde nicht zusammen mit Medikamenten einnehmen oder zumindest mehrere Stunden zwischen den Einnahmen verstreichen lassen. Halten Sie im Zweifelsfall zuerst Rücksprache mit Ihrem Arzt oder Apotheker.

So erhalten Sie Produkte mit Heilerde

Heilerde zur innerlichen Anwendung ist als freiverkäufliches "traditionell verwendetes Arzneimittel" in Apotheken erhältlich. Auch in vielen Drogerien und Supermärkten kann man sie kaufen - ebenso wie äußerlich anzuwendende Heilerde. Diese ist nicht als Arzneimittel, sondern als Medizinprodukt eingestuft.

Seit wann ist Heilerde bekannt?

Heilerde wurde bereits im Altertum als Heilmittel genutzt. Als einfach zu beschaffendes Naturprodukt war sie schnell verfügbar und wurde vielfältig eingesetzt: Äußerlich wurde sie zum Beispiel bei Wunden und Insektenstichen angewendet. Vor allem aber galt mineralische Erde jahrhundertelang als wirksames Mittel gegen Durchfall sowie gegen Vergiftungen aller Art – darunter versteht man früher ganz allgemein auch schwere und unheilbare Erkrankungen wie beispielsweise die Pocken und die Pest. Viele bekannte Ärzte und Naturheilkundler wie Dioskurides, Avicenna, Sebastian Kneipp und Adolf Just schätzten und nutzten die gesundheitliche Wirkung der Heilerde.

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Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autoren:
Benjamin Clanner-Engelshofen
Benjamin Clanner-Engelshofen

Benjamin Clanner-Engelshofen ist freier Autor in der NetDoktor-Medizinredaktion. Er studierte Biochemie und Pharmazie in München und Cambridge/Boston (USA) und merkte dabei früh, dass ihm die Schnittstelle zwischen Medizin und Naturwissenschaft besonders viel Spaß macht. Deshalb schloss er noch ein Studium der Humanmedizin an.

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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