Herzkatheteruntersuchung

Von 
Dr. med. Philipp Nicol

Dr. med. Philipp Nicol ist freier Autor der NetDoktor-Medizinredaktion.

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Die Herzkatheteruntersuchung ist eine minimal-invasive Untersuchung des Herzens. Mit ihr kann der Kardiologe eine Vielzahl von Erkrankungen diagnostizieren und eventuell sogar gleich behandeln. Lesen Sie hier alles Wichtige über die Herzkatheteruntersuchung: Wie sie abläuft, wie lange sie dauert, welche Risiken sie birgt und was Sie nach einer Herzkatheteruntersuchung beachten müssen. 

Herzkatheter

Was ist eine Herzkatheteruntersuchung?

Bei einer Herzkatheteruntersuchung wird ein dünner, biegsamer Kunststoffschlauch (Herzkatheter) über ein Gefäß bis zum Herzen vorgeschoben. Meist wählt der Arzt ein Gefäß in der Leiste oder am Handgelenk aus. Das Einführen des Katheters nennen Mediziner auch „Herzkatheter legen“ oder „Herzkatheter setzen“. Über den Schlauch kann man ein Kontrastmittel einspritzen, um die Herzstrukturen und Gefäße auf dem Röntgenbild besser sichtbar zu machen.

Außerdem können mithilfe des Herzkatheters verschiedene Parameter (Drücke und Flussgeschwindigkeiten im Herzen) gemessen werden, die über die Arbeitskraft des Herzmuskels Auskunft geben. Manchmal nutzt man eine Herzkatheteruntersuchung auch dazu, eine Gewebeprobe aus dem Herzen zu gewinnen (Myokardbiopsie).

Die Herzkatheteruntersuchung wird grob in zwei Verfahren unterteilt – je nachdem, welche Herzhälfte untersucht wird: Linksherzkatheter und Rechtsherzkatheter.

Linksherzkatheter (arterieller Katheter)

Mit dem Linksherzkatheter kann man vor allem zwei Aspekte des Herzens untersuchen:

Koronarangiographie

Die Koronarangiographie ist der häufigste Grund für eine Herzkatheteruntersuchung. Dabei werden die Koronararterien (Herzkranzgefäße) unter die Lupe genommen – jene kranzartig um den Herzmuskel angelegten Gefäße, die das Herz versorgen. Sind die Koronararterien stark verkalkt und dadurch zunehmend verengt (stenosiert), wird der Herzmuskel nicht mehr ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt. Man spricht dann von Koronarer Herzkrankheit (KHK). Die KHK äußert sich häufig durch typische Brustschmerzen beziehungsweise ein Beklemmungs- oder Engegefühl in der Brust (Angina pectoris). Die Schmerzen können beispielsweise in den linken Arm, den Bauch, die Schulter oder den Kiefer ausstrahlen. Den akuten Verschluss einer Koronararterie bezeichnet man als Herzinfarkt – ein lebensbedrohlicher Notfall.

Für eine Koronarangiographie wird der Herzkatheter vorsichtig über die Leiste oder das Handgelenk bis zum Herzen vorgeschoben. Der Abgang der Koronararterien aus der Aorta (Körperschlagader; entspringt der linken Herzkammer) wird sondiert. Anschließend spritzt man über den Katheter Kontrastmittel in die Koronararterie und nimmt gleichzeitig einen Röntgenfilm des Herzens auf (Angiographie). So kann man eventuelle Engstellen (Stenosen) entdecken.

Das verengte Gefäß kann man dann mithilfe eines in die Arterie eingeführten Ballons aufdehnen (Ballondilatation) und mit einer Gefäßstütze (Stent) offenhalten. 

Laevokardiographie/Ventrikulographie

Bei dieser Variante der Herzkatheteruntersuchung werden die linke Herzkammer und die Funktion ihrer Herzklappen beurteilt. Dafür wird bei gleichzeitiger Röntgendurchleuchtung Kontrastmittel in die Herzkammer gespritzt. Anhand des Röntgenfilms kann der Arzt dann beispielsweise die Schlagkraft des Herzens beurteilen. Diese Herzkatheteruntersuchung wird in der Regel zusammen mit und unmittelbar vor einer Koronarangiographie durchgeführt.

Rechtsherzkatheter (venöser Katheter)

Bei dieser Form der Herzkatheteruntersuchung steht die rechte Herzhälfte im Fokus. Mehr darüber erfahren Sie im Beitrag Rechtsherzkatheter.

Wann führt man eine Herzkatheteruntersuchung durch?

Es gibt verschiedene Gründe für eine Herzkatheteruntersuchung des linken Herzens. Beispiele sind:

  • Koronare Herzkrankheit (KHK)
  • Herzinfarkt
  • Angeborene Herzfehler
  • Erkrankungen der Herzklappen (vor allem vor einer Operation)
  • Nach einer Herztransplantation
  • Erkrankungen des Herzmuskels (Kardiomyopathien)
  • Herzmuskelentzündung

Unter bestimmten Umständen ist eine Herzkatheteruntersuchung möglicherweise gefährlich. Ihr Einsatz muss dann besonders sorgfältig abgewogen werden. Das gilt zum Beispiel bei:

Aus diesem Grund wägen Ärzte genau ab, wann sie eine Herzkatheteruntersuchung durchführen. Denn jeder Herzkatheter-Eingriff sollte auch einen therapeutischen Nutzen für den Patienten bringen, der die damit verbundenen Risiken übertrifft.

Was macht man bei einer Herzkatheteruntersuchung?

Eine Herzkatheteruntersuchung wird meistens in einer Klinik vorgenommen. Manchmal kann man bei unkomplizierten Fällen die Herzkatheteruntersuchung ambulant in einer spezialisierten Praxis machen lassen.

Der Eingriff erfolgt im Herzkatheterlabor, ähnlich einem OP-Saal. Er wird von speziell ausgebildeten, sogenannten interventionellen Kardiologen (Fachärzte für Herzerkrankungen) durchgeführt.

Vor der Herzkatheteruntersuchung wird Sie der behandelnde Arzt über den Eingriff ausführlich aufklären und mögliche Risiken und Komplikationen mit Ihnen besprechen. Außerdem wird der Arzt Sie nach eventuellen Vorerkrankungen (vor allem der Schilddrüse und Nieren) fragen und sich erkundigen, ob Sie irgendwelche Medikamente einnehmen. Unter Umständen müssen Sie diese vor der Untersuchung absetzen (zum Beispiel blutgerinnungshemmende Präparate). Zur Vorbereitung gehören auch ein EKG und eine routinemäßige Laborkontrolle des Blutes. Überdies untersucht Sie der Arzt körperlich und erhebt aktuelle Blutdruckwerte. Vor der Herzkatheteruntersuchung sollten Sie mindestens sechs Stunden nüchtern sein.

Herzkatheteruntersuchung: Ablauf

Für die Herzkatheteruntersuchung wird ein intravenöser Zugang an Ihrem Arm gelegt, damit man im Notfall schnell Medikamente verabreichen kann. Im Herzkatheterlabor werden Sie dann auf dem Untersuchungstisch gelagert, sodass der Arzt gut mit dem C-förmigen Röntgenbogen arbeiten kann. Eine kontinuierliche EKG- und Blutdruckmessung wird angeschlossen, zudem misst ein Finger-Clip den Sauerstoffgehalt im Blut. Die Leiste oder der Arm werden dann für die Gefäßpunktion desinfiziert und lokal betäubt – eine Vollnarkose ist nicht notwendig.

Anschließend wird das Gefäß dann mittels der sogenannten Seldinger-Technik punktiert. Bei einem Linksherzkatheter sticht der Arzt dabei in eine Schlagader (Arterie), für gewöhnlich in die Arteria radialis am Handgelenk (heutiger Standard) oder in die Femoralarterie in der Leiste. Nach der Punktion wird eine Schleuse eingelegt, durch die verschiedene Drähte und feine Schläuche über das Gefäß zum Herzen vorgeschoben werden. Mithilfe des Röntgengerätes kann der Arzt dann die Lage des Katheters beurteilen. Die Untersuchung ist nicht schmerzhaft. Manchmal spüren Patienten ein leichtes Ziehen oder ein warmes Gefühl beim Einspritzen des Kontrastmittels.

Herzkatheteruntersuchung: Dauer

Die Dauer der Untersuchung hängt sehr von den Begleitumständen ab. Sie dauert etwa 30 Minuten, kann aber auch deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen. Wird eine reine Angiographie durchgeführt, ist man in der Regel schneller fertig als wenn ein oder mehrere Stents implantiert werden.

Ist die Herzkatheteruntersuchung beendet, entfernt man die Katheter und die Schleuse. Um eine Nachblutung zu vermeiden, muss man die Stelle anschließend für mehrere Stunden zudrücken. Dafür verwenden Ärzte meist spezielle Druckverbände. Wurde ein Gefäß in der Leiste punktiert, müssen Patienten zudem in den ersten Stunden danach im Bett liegen bleiben und das Bein ausstrecken.

Viele Menschen sind aufgrund des Eingriffes so nah am Herzen sehr aufgeregt. In diesem Fall können Sie vor Beginn der Untersuchung ein leichtes Beruhigungsmittel bekommen.

Welche Risiken birgt eine Herzkatheteruntersuchung?

Komplikationen sind bei einer Herzkatheteruntersuchung möglich: Obwohl inzwischen ein häufig angewendetes Routineverfahren, birgt eine Herzkatheteruntersuchung doch auch Risiken. Schwerwiegende Komplikationen sind aber selten und treten vor allem bei Notfall-Patienten auf. Mögliche Komplikationen sind zum Beispiel:

  • Perforation des Herzens ("Durchlochung")
  • Herzinfarkt
  • Herzrhythmusstörungen
  • Minderdurchblutung im Gehirn (zerebrale Ischämie)
  • Lungenembolie
  • Akutes Nierenversagen
  • Kontrastmittelallergie
  • Komplikationen an der Punktionsstellen (Blutung, Entzündung, Nervenschädigung)
  • Aufweitung oder Verschluss des punktierten Gefäßes
  • Wundheilungsstörung

In nur sehr wenigen Fällen verläuft eine Herzkatheteruntersuchung tödlich. Herzkatheter-Risiken bei Punktion in der Leiste sind größer als bei Punktion am Handgelenk.

Was muss ich nach einer Herzkatheteruntersuchung beachten?

Nach Abschluss der Herzkatheteruntersuchung ist es besonders wichtig, dass Sie zunächst im Bett liegen bleiben. Dadurch vermeiden Sie Nachblutungen. Das gilt besonders, wenn ein Gefäß in der Leiste punktiert wurde. Außerdem sollten Sie 24 Stunden danach noch kein Auto fahren. In den ersten Tagen nach der Untersuchung sollten Sie nicht schwer tragen und übermäßige Anstrengungen vermeiden. Abhängig vom Ausmaß des Eingriffs müssen Sie eventuell noch einige Tage zur Überwachung im Krankenhaus bleiben – etwa wenn im Rahmen der Herzkatheteruntersuchung eine Gefäßstütze (Stent) implantiert wurde. 

Autoren- & Quelleninformationen

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Datum :
Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Dr. med. Karlheinz Zeilberger
Autor:
Dr. med.  Philipp Nicol

Dr. med. Philipp Nicol ist freier Autor der NetDoktor-Medizinredaktion.

Quellen:
  • Lapp, H. & Krakau, I.: Das Herzkatheterbuch, Georg Thieme Verlag, 4. Auflage, 2014
  • Leitlinie „Diagnostische Herzkatheteruntersuchung“. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (Stand: 2008)
  • Wiemer, M. et al.: Diagnostik und Intervention über die Arteria radialis, Der Kardiologe, Band 12, Nr.4 (2018): 268-76
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