ICD-Implantation

Von 
Dr. med. Philipp Nicol

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Bei einer ICD-Implantation setzen Ärzte einem herzkranken Patienten dauerhaft einen Defibrillator ein. Dieser kann gefährliche Herzrhythmusstörungen beheben und bewahrt den Träger so vor einem plötzlichen Herztod. Erfahren Sie, wie ein implantierter Defibrillator funktioniert, wann dieser zum Einsatz kommt und was Sie nach dem Eingriff beachten müssen.

icd-implanation

Was ist eine ICD-Implantation?

Bei einer ICD-Implantation wird ein implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD, engl.: „implantable cardioverter defibrillator“) in den Körper eingesetzt. Das ist ein Gerät, welches lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen entdeckt und sie mithilfe eines starken Stromstoßes beendet – darum wird es auch „Schockgeber“ genannt. Seine Funktion ist vergleichbar mit der eines tragbaren Defibrillators, welchen Notfallhelfer bei Wiederbelebungsmaßnahmen benutzen.

Der ICD sieht aus wie ein kleiner, etwa streichholzschachtelgroßer Kasten. Diese Schachtel pflanzt ein Arzt bei der ICD-Implantation in den Körper ein, von wo sie anschließend dauerhaft arbeitet. Der batteriebetriebene ICD wird meist im Bereich der Schulter direkt unter der Haut (subkutan) eingesetzt. Von dem Gerät gehen Elektrodenkabel über große Venen bis in die Herzinnenräume (Vorhöfe und Kammern). Je nach Anzahl der Sonden werden bei einer ICD-Implantation folgende Systeme unterschieden:

  • Einkammersysteme: eine Sonde im rechten Vorhof oder in der rechten Kammer
  • Zweikammersysteme: zwei Sonden, eine im rechten Vorhof und eine in der rechten Kammer
  • Dreikammersysteme: eine zusätzliche dritte Sonde in der linken Kammer

Die ICD-Geräte werden individuell programmiert und lassen sich so an die Bedürfnisse des jeweiligen Patienten anpassen.

Wie funktioniert ein Defibrillator?

Ein normaler Defibrillator kann über die Abgabe eines hohen Stromimpulses (Schock) sogenannte tachykarde Herzrhythmusstörungen (wenn das Herz dauerhaft zu schnell schlägt) im Notfall effektiv beenden. Zu diesen Herzrhythmusstörungen zählen zum Beispiel die Kammertachykardien, welche sich im Ernstfall zu Kammerflimmern entwickeln können. Denn durch den zu schnellen Herzschlag wird das Blut nicht mehr ordentlich durch den Körper gepumpt. Deswegen muss bei Kammerflimmern sofort gehandelt werden, sprich Wiederbelebungsmaßnahmen mittels Herzdruckmassage und Defibrillation sind notwendig.

Bei der Defibrillation wird durch den hohen Stromimpuls das asynchron schlagende, „flimmernde“ Herz für wenige Sekunden ganz zum Stillstand gebracht. Danach beginnt das Herz wieder von selbst und idealerweise im richtigen Takt zu schlagen. Ähnlich funktioniert das nach einer ICD-Implantation. Der ICD kann durch das im Herzen liegende Elektrodenkabel Tachykardien erkennen und gleichzeitig durch die sofortige Schockabgabe beenden.

Bei Bradykardien (wenn das Herz dauerhaft zu langsam schlägt) ist der Einsatz eines normalen, externen Defibrillators ungeeignet. Ein ICD besitzt dagegen zusätzlich eine Schrittmacherfunktion („Pacing“). Dies bedeutet, dass auch Bradykardien durch leichte elektrische Stimulation nach einer ICD-Implantation beendet werden können. Steht das Herz allerdings komplett still (Asystolie), so kann es nur durch die sofortige Gabe herzstimulierender Medikamente wieder in Gang gebracht werden.

Unterschiede zum Herzschrittmacher

Im Gegensatz zum Herzschrittmacher sind zwei Sonden von Metallspiralen umgeben, um einen richtigen Schock abgeben zu können. Ein ICD kann bei Kammerflimmern eine Defibrillation durchführen, was ein Herzschrittmacher nicht vermag. Ein ICD kann aber mit einem Herzschrittmacher kombiniert werden.

Wann wird eine ICD-Implantation durchgeführt?

Es gibt hauptsächlich drei Gründe, warum man einen ICD einsetzt:

ICD-Implantation zur Primärprävention
Wird ein ICD implantiert, um das Auftreten einer Krankheit zu verhindern, spricht man von einer „Primärprävention“. Mögliche Zielgruppe sind hier Patienten, die …

  • … ein erworbenes Herzleiden (erlittener Herzinfarkt, koronare Herzkrankheit, Herzmuskelschwäche) haben.
  • … eine deutlich verminderte Herzleistung (Herzinsuffizienz) und damit ein hohes Risiko für das Auftreten lebensgefährlicher Herzrhythmusstörungen haben (etwa bei dilatativer Kardiomyopathie).

Die Implantation des Defibrillators senkt die Wahrscheinlichkeit, an dem sogenannten plötzlichen Herztod zu versterben, deutlich.

ICD-Implantation zur Sekundärprävention
Hat man bereits lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen (Tachyarrhythmien) erlitten und im Rahmen dessen Ohnmachtsanfälle verkraftet oder sogar einen Herzstillstand überlebt, verhindert ein implantierbarer Defibrillator das erneute Auftreten dieser Störungen. In diesem Fall spricht der Mediziner von einer Sekundärprävention.

ICD-Implantation bei angeborenen Herzerkrankungen
Leidet man an einer genetisch bedingten Herzerkrankung, die mit einem erhöhten Risiko für Herzrhythmusstörungen einhergeht, erfolgt ebenfalls meist eine ICD-Implantation. Zu diesen seltenen Erkrankungen zählen unter anderem das lange und das kurze QT-Syndrom, das Brugada-Syndrom sowie verschiedene Herzmuskelerkrankungen (Kardiomyopathie).

ICD-Implantation zur Resynchronisationstherapie

Auch für die kardiale Resynchronisationstherapie wird oft ein Defibrillator implantiert (ICD-CRT oder ICD-C).  Diese Therapie wird vor allem bei schwerer Herzschwäche mit deutlich verminderter Auswurfskraft des Herzens (Ejektionsfraktion) angewandt. Bei dieser kommt es häufig zu einem ungeordneten bzw. asynchronen Herzschlag: zuerst schlägt die rechte und wenige Millisekunden später die linke Kammer. Durch die gleichzeitige Stimulation beider Kammern mittels zweier Kammersonden kann der Herzschlag wieder synchronisiert werden. Dadurch verbessert die ICD-CRT die Pumpfunktion des Herzens und senkt das Risiko, an Herzschwäche zu sterben.

Wie wird eine ICD-Implantation durchgeführt?

Die Implantation des ICD dauert oft weniger als eine Stunde. Bis auf wenige Ausnahmefälle erfolgt die ICD-Implantation meist ohne Vollnarkose. Patienten bekommen stattdessen eine örtliche Betäubung und gegebenenfalls eine "Schlafspritze" (leichte Sedierung). Ein externer Defibrillator muss während der gesamten Implantation mit dem Patienten verbunden und einsetzbar sein. Zudem wird der Patient dauerhaft an einem Monitor überwacht.

In der Regel betäubt der Arzt eine Stelle unterhalb des Schlüsselbeins lokal und nimmt einen kleinen Hautschnitt (einige Zentimeter lang) vor. Dort sucht er eine Vene (meist die Schlüsselbeinvene) und schiebt über diese die Sonde(n) ins Herz. Das Ganze erfolgt unter Röntgenüberwachung. Nach dem Defibrillator-Einsetzen werden anschließend die Sonden am Brustmuskel fixiert und dann ans ICD-Gerät angeschlossen. Der Cardioverter selbst wird in einer kleinen "Gewebe-Tasche" unter die Haut oder den Brustmuskel unterhalb des Schlüsselbeins implantiert. Abschließend wird die Schnittstelle mit einigen Stichen vernäht.

Um zu testen, ob die ICD-Implantation erfolgreich war, wird der Patient in eine Kurznarkose versetzt und Kammerflimmern ausgelöst. Der Defibrillator muss dies erkennen und einen Elektroschock abgeben. Funktioniert alles einwandfrei, wird die Narkose beendet und der ICD ist einsatzbereit.

Welche Risiken birgt eine ICD-Implantation?

Die ICD-Implantation ist heutzutage herzchirurgische Routine. In Deutschland wurden 2017 knapp 26.000 Defibrillator-OPs durchgeführt. Trotzdem ist sie mit einigen Risiken behaftet. Insgesamt nimmt die Zahl der Komplikationen aber seit Jahren kontinuierlich ab, nicht zuletzt, weil die Eingriffstechnik stetig verbessert wird und immer kleinere Geräte transplantiert werden.

Zu den häufigsten Komplikationen zählen Blutungen, Infektionen, Durchbohrung (Perforation) der Herzwände oder Kabeldislokation. Um das Risiko für Komplikationen zu verringern, bekommen Patienten unmittelbar vor herz- und gefäßchirurgischen Operation einmalig Antibiotika (perioperative Antibiotikagabe) verabreicht. Nach der Defibrillator-Implantation­ erhält der Operierte gerinnungshemmende Medikamente, die Blutgerinnseln vorbeugen.

Auch nachdem der Defibrillator implantiert wurde, sind Komplikationen nicht ausgeschlossen. Ein häufiges Problem (bis zu 40 Prozent der Fälle) nach ICD-Implantation ist die irreguläre Schockabgabe: diagnostiziert der ICD beispielsweise ein vergleichsweise harmloses Vorhofflimmern irrtümlich als lebensgefährlich ventrikuläre Tachykardie, so probiert er diese durch mehrfache Schockabgabe zu beenden, was für die Betroffenen äußert schmerzhaft und traumatisierend ist. Im Zweifel muss dann die korrekte Programmierung des ICD kontrolliert und eventuell geändert werden.

Was muss ich nach einer ICD-Implantation beachten?

In den ersten Tagen nach der ICD-Implantation sollten Sie den linken Arm schonen und nicht über 90 Grad anheben, damit sich das ICD-Gerät und die Sonden nicht verlagern, sondern richtig einwachsen.

Vor der Entlassung aus der Klinik (nach etwa einer Woche) wird das Gerätesystem noch einmal überprüft und Ihren Bedürfnissen entsprechend programmiert. Vier bis sechs Wochen nach der ICD-Implantation erfolgt eine zweite Kontrolle.

Nachsorgeuntersuchungen nach einer ICD-Implantation sind sehr wichtig. Dabei überprüft der Arzt die richtige Funktionsweise des ICD und kontrolliert zum Beispiel den Ladezustand der Batterie.

Suchen Sie sofort Ihren Kardiologen oder ein Zentrum mit 24-stündiger Notfallbereitschaft auf, wenn Sie Probleme mit dem Defibrillator vermuten, etwa bei:

  • Häufiger irregulärer Schockabgabe
  • Verdacht auf Infektion des ICD-Systems
  • Verschlechterung einer Herzschwäche
  • Irregulärer Herzschlag etc.

Führen Sie außerdem nach einer ICD-Implantation einen entsprechenden Ausweis mit sich, der die Art des implantierten Systems dokumentiert. Und: bestimmte medizinische Verfahren (MRT-Untersuchung oder unterschiedliche Behandlungen mit Elektrostrom) dürfen bei Ihnen unter Umständen nicht mehr angewandt werden, da sie die korrekte Funktionsweise des ICD beeinträchtigen können.

Trotz allem bleibt die ICD-Implantation aber meist alternativlos und eine äußerst effektive Therapie bei lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen.

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Dr. med.  Philipp Nicol

Dr. med. Philipp Nicol ist freier Autor der NetDoktor-Medizinredaktion.

Quellen:
  • Bauer, K., Ennker, J.: Schrittmacher und Defibrillatoren, Steinkoppf-Verlag, 2005
  • Herold, G.: Innere Medizin, Selbstverlag, 2018
  • Jahresbericht 2017 des Deutschen Herzschrittmacher-und Defibrillatorregister – Teil 2 - Implantierbare Cardioverter-Defibrillatoren (ICD)
  • Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, „Leitlinie zur Implantation von Defibrillatoren“ (Stand: 2007)
  • UpToDate: http://www.uptodate.com, “General principles of the implantable cardioverter-defibrillator”, “Implantable cardioverter-defibrillators: Complications”, “Cardiac resynchronization therapy in heart failure: Indications” (Abruf: 02.07.2015)
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