Psychotherapie

Von , Masterstudium in Psychologie
Julia Dobmeier

Julia Dobmeier absolviert derzeit ihr Masterstudium in Klinischer Psychologie. Schon seit Beginn ihres Studiums interessiert sie sich besonders für die Behandlung und Erforschung psychischer Erkrankungen. Dabei motiviert sie insbesondere der Gedanke, Betroffenen durch leicht verständliche Wissensvermittlung eine höhere Lebensqualität zu ermöglichen.

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Die Psychotherapie umfasst verschiedene therapeutische Verfahren zur Behandlung von seelischen Erkrankungen. Dabei hilft sie nicht nur bei psychischen Störungen, sondern auch bei körperlichen Beschwerden, die von der Psyche beeinflusst werden. Im Zentrum einer Psychotherapie stehen Gespräche zwischen Therapeut und Patient. Je nach Therapieform werden dabei unterschiedliche Techniken angewendet. Lesen Sie hier, wann eine Psychotherapie sinnvoll ist und was man beachten muss.

Psychotherapie

Was ist Psychotherapie?

Im Rahmen einer Psychotherapie lassen sich seelisch bedingte Probleme behandeln - beispielsweise, wenn das Denken, Fühlen, Erleben und Handeln eines Menschen gestört ist und keine organische Ursache dafür als Auslöser zu finden ist. Häufige psychische Störungen sind zum Beispiel Angststörung, Depression, Zwangsstörung und Suchterkrankungen.

Eine Psychotherapie kann stationär oder ambulant, als Einzel- oder Gruppentherapie durchgeführt werden.

Ambulante oder stationäre Psychotherapie

Je nach Bedarf können Betroffene eine stationäre, teilstationäre oder ambulante Psychotherapie in Anspruch nehmen.

Die stationäre Psychotherapie hat den Vorteil, dass die Patienten bei Krisen sowohl tagsüber als auch nachts sofort Hilfe bekommen. Sie können zudem ein umfangreiches Angebot an verschiedenen Therapieformen nutzen.

Es besteht jedoch das Risiko, dass die Patienten nach einem stationären Aufenthalt zu Hause wieder in ihre alten Denk- und Verhaltensmuster zurückfallen. Denn nach der Zeit „unter der Käseglocke“ sind sie wieder mit ihrem Alltag und dessen Herausforderungen konfrontiert. Selbst die Begegnung mit unscheinbaren Details, wie beispielsweise Gerüchen, können die psychischen Probleme dann wieder aufleben lassen. Der Betroffene wird daher während des stationären Aufenthalts auf die Zeit zu Hause vorbereitet. Zudem betreut der Therapeut den Patienten bei einer stationären Behandlung in der Regel noch einige Zeit nach der Rückkehr nach Hause.

Der Vorteil einer ambulanten Therapie ist, dass der Patient das Gelernte sofort in seinem Alltag anwenden kann. Die therapeutische Betreuung ist jedoch nicht so intensiv wie bei einem stationären Aufenthalt.

Als Mittelding gibt es noch Tageskliniken, die eine teilstationäre Psychotherapie ermöglichen. Tagsüber ist der Patient in der Klinik, abends kehrt er nach Hause zurück.

Gruppenpsychotherapie

Die Therapie in der Gruppe gibt es sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich.

Sie stellt für viele Patienten eine Erleichertung dar - erleben die Betroffenen in der Gruppe doch hautnah, dass andere Menschen ganz ähnliche Probleme haben wie sie selbst. Wenn eine Gruppe gut zusammenarbeitet, hat die Gemeinschaft sogar eine heilende Wirkung. Die Gruppenmitglieder können sich gegenseitig Kraft geben und bei der Lösung von Problemen unterstützen.

Allerdings fühlt sich nicht jeder bei dem Gedanken wohl, seine Probleme mit einer Gruppe anderer Menschen zu teilen. Doch gerade Personen, denen der Umgang mit Fremden schwerfällt, können sehr von einer Gruppenpsychotherapie profitieren. In der Gruppe können sie sich ausprobieren und zwischenmenschliche Interaktionen üben.

Formen der Psychotherapie

Es gibt eine ganze Reihe verschiedener Psychotherapieformen. Jedes Therapieverfahren beruht auf eigenen Theorien und umfasst unterschiedliche Behandlungsansätze. Die bekanntesten Psychotherapieformen sind die Verhaltenstherapie sowie die Psychoanalyse und ihre moderneren Nachfolger.

Welche Therapieform für Sie geeignet ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab wie der der Schwere Ihrer psychischen Störung. Entscheidend ist auch, wie gut Sie sich auf den Therapeuten und die Methodik einlassen können. Ihr Hausarzt kann Ihnen dabei helfen, einen geeigneten Psychotherapeuten zu finden.

Kostenübernahme bei Psychotherapie

Krankenkassen übernehmen in Deutschland die Kosten für Verhaltenstherapie, psychoanalytische Therapie (Psychoanalyse), tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und systemische Therapie. Seit Januar 2015 wird auch EDMR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) zur Behandlung von Posttraumatischen Belastungsstörungen von den Kassen bezahlt.

Die Kosten werden nur dann erstattet, wenn eine psychische Störung diagnostiziert wurde, die bei der Person einen Leidensdruck erzeugt. Die ersten fünf Sitzungen erkennen die Krankenkassen als Probesitzungen an. Der Patient kann somit erst einmal austesten, ob er mit dem Therapeuten zurechtkommt.

Psychoanalyse

Die Psychoanalyse ist eine tiefenpsychologische Methode zur Behandlung seelischer Probleme. Deren Ursache wird hier in unbewussten Konflikte aus der Kindheit gesehen. Im Gespräch hilft der Therapeut dem Patienten, solche Konflikte ans Licht zu holen und zu bearbeiten.

Die Psychoanalyse geht auf den bekannten Arzt und Psychologen Sigmund Freud zurück. Mehr dazu, wie sie funktioniert und für wen sie geeignet ist, lesen Sie im Beitrag Psychoanalyse.

Verhaltenstherapie

Die Verhaltenstherapie basiert auf dem Prinzip, dass ungünstige Verhaltensweisen und Denkmuster erlernt wurden und sich deshalb auch wieder verlernen lassen. Dazu übt der Patient mit Hilfe des Therapeuten gezielt neue Verhaltens- udn Denkweisen ein.

Wie eine Verhaltenstherapie genau abläuft und für wen sie geeignet ist, lesen Sie im Beitrag Verhaltenstherapie.

Tiefenpsychologisch fundierte Therapie

Tiefenpsychologisch fundierte Therapieformen stellen eine Weiterentwicklung der Psychoanalyse dar. Es geht also auch hier darum, aktuelle seelische Probleme durch das Aufdecken und Bearbeiten unbewusster Konflikte der Vergangenheit zu lösen.

Was eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie beinhaltet und in welchen Fällen sie geeignet ist, lesen Sie unter Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie.

Weitere Therapieformen

Psychosomatische Kliniken bieten in der Regel ergänzend eine Reihe weiterer Therapieformen an – beispielsweise Gestalt- oder Kunsttherapien. Diese werden dann im Rahmen der stationären Therapie von den Krankenkassen bezahlt.

Wann macht man eine Psychotherapie?

Eine Psychotherapie ist notwendig, wenn die Gedanken, Gefühle und das Verhalten eines Menschen dessen Lebensqualität beeinträchtigen. Die Beeinträchtigung kann direkt durch die Symptome der Störung (z.B. starke Angst) entstehen oder aber durch die Folgen der psychischen Störung. Manche Betroffene können beispielsweise ihren Beruf nicht mehr ausüben und verlieren ihren Partner und soziale Kontakte.

Nicht immer leiden die Patienten selbst unter den Symptomen. Es gibt auch psychische Störungen, bei denen die Betroffenen durch ihr abweichendes Verhalten vor allem anderen Menschen schaden. Zum Beispiel fühlen sich Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung häufig sehr wohl in ihrer Haut. Wenn sie sich in Therapie begeben, dann meist deshalb, weil Angehörige sie dazu drängen.

Psychotherapie bei körperlichen Symptomen

Schon lange weiß man, dass der Körper und die Psyche zusammenspielen. Körperliche Erkrankungen wirken sich oft auf die Psyche aus, und psychische Störungen gehen fast immer mit körperlichen Beschwerden einher. Eine Psychotherapie wird daher auch für psychosomatische Beschwerden empfohlen - also für körperliche Beschwerden, die ganz oder teilweise  in einer psychischen Ursache wurzeln.

So kann eine Psychotherapie beispielsweise bei chronischem Tinnitus, Magen-Darm-Problemen und sogar lebensbedrohlichen Erkrankungen helfen - wie etwa Krebs. Hier geht es darum, besser mit den massiven psychischen Belastungen umzugehen, die mit einer Krebsdiagnose und -therapie einhergehen. Denn diese können sich sehr negativ auf die Lebensqualität, aber auch auf den Therapieerfolg auswirken.

Auch in der Schmerztherapie sind psychotherapeutische Methoden eine wirksame Unterstützung. Denn die innere Haltung beeinflusst erheblich, wie Schmerzen bewertet und wie stark sie wahrgenommen werden.

Einweisung in die stationäre Psychiatrie

Leidet ein Patient an einer sehr schweren psychischen Störung oder besteht die Gefahr, dass er sich oder andere verletzt, muss er in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden. Die eigentliche Psychotherapie kann aber erst dann erfolgen, wenn der Betroffene gewillt und in der Lage ist, sich am Therapieprozess zu beteiligen.

Menschen, die unter einer akuten Psychose leiden, haben keine Krankheitseinsicht und leiden unter Wahnvorstellungen, Halluzinationen sowie Denkstörungen. Sie müssen erst medikamentös behandelt werden, bevor eine Psychotherapie begonnen wird. 

Ein weiterer Sonderfall sind Suchterkrankungen. Vor der Psychotherapie muss zunächst eine Entgiftung stattfinden. Menschen mit einer Abhängigkeitsproblematik sollten sich an eine Ambulanz oder Klinik wenden, die auf Suchtbehandlungen spezialisiert ist.

Begriffsklärung: Psychotherapeut, Psychologe, Psychiater

Viele Menschen haben Schwierigkeiten, die verschiedenen Berufsbezeichnungen im psychotherapeutischen Umfeld zu unterscheiden. Psychische Störungen können zwar sowohl von Psychiatern als auch von Psychotherapeuten und viele Psychologen behandelt werden. Nichtsdestotrotz handelt es sich dabei um verschiedene Berufsfelder.

Ein Psychologe hat ein Diplom oder einen Master im Studienfach Psychologie erworben. Manche Psychologen arbeiten im klinischen Bereich, andere zum Beispiel in der Wirtschaft oder in der Forschung.

Der Psychiater wiederum ist ein Arzt, der eine Facharztausbildung im Bereich der psychischen Erkrankungen absolviert hat. Er behandelt psychische Störungen mit Medikamenten. Erst eine psychotherapeutische Zusatzausbildung erlaubt ihm, seine Patienten auch psychotherapeutisch zu behandeln - als ärztlicher Psychotherapeut.

Davon zu unterscheiden ist der psychologische Psychotherapeut. Das ist ein Psychologe, der eine Zusatzausbildung im Bereich Psychotherapie abgeschlossen hat und deshalb ebenfalls eine Psychotherapie anbieten darf. Nicht jeder Psychologe ist also auch ein (psychologischer) Psychotherapeut - die Zusatzausbildung macht den Unterschied!

Der Begriff Psychotherapeut ist in Deutschland geschützt. Nur wer eine psychotherapeutische Ausbildung durchlaufen hat, darf sich Psychotherapeut nennen und - sofern er im Rahmen der entsprechenden psychotherapeutischen Formen praktiziert -  über die gesetzliche Krankenkasse abrechnen.

Es gibt aber noch weitere Möglichkeiten, eine Psychotherapie ausüben zu dürfen. Die Heilkunde-Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz ermöglicht es Psychologen und Heilpraktikern, ihren Patienten eine Psychotherapie anzubieten. Sie dürfen sich jedoch nicht als Therapeuten bezeichnen und die gesetzlichen Krankenkassen erstatten nicht die Kosten der Psychotherapie.

Für die Tätigkeit als Kinder- und Jugendtherapeut sind nicht nur Psychologen, sondern auch Pädagogen und Sozialpädagogen zugelassen, wenn sie die entsprechende Ausbildung zum Kinder- und Jugendtherapeuten nachweisen können. Sie dürfen dann ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln.

Bei psychischen Problemen kann sich der Patient entweder vom Hausarzt zu einem Therapeuten überweisen lassen oder direkt einen Termin mit einem Therapeuten vereinbaren.

Was macht man bei einer Psychotherapie?

Die Inhalte der Psychotherapie sind von der jeweiligen Therapieform geprägt. Unabhängig von der Therapieform gibt es jedoch bestimmte Elemente, die das Gerüst jeder psychotherapeutischen Behandlung bilden.

Erstgespräch, Diagnose und Prognose

Zu Beginn der Therapie schildert der Patient dem Therapeuten seine Problematik. Daraufhin erläutert der Therapeut, wie die Therapie ablaufen könnte. In diesem Erstgespräch kann der Patient also austesten, ob er sich bei dem Therapeuten wohlfühlt, und erfahren, was er von der Psychotherapie erwarten kann. Soll die Therapie fortgesetzt werden, muss der Therapeut eine Diagnose stellen. Ohne diese übernehmen die Krankenkassen keine Kosten.

Für die Diagnose orientieren sich die Therapeuten entweder am diagnostischen und statistischen Manual psychischer Störungen (DSM-V) oder an der internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10). Mithilfe von Fragebögen oder standardisierten Interviews, die sich am DSM-V oder ICD-10 orientieren, bestimmt der Therapeut, welche psychische Störung bei einem Patienten vorliegt.

Der Therapeut schätzt aufgrund der Diagnose und der individuellen Situation des Patienten ein, wie die psychische Störung verlaufen wird. Generell haben psychische Störungen eine bessere Prognose, wenn sie frühzeitig erkannt und behandelt werden. Wenn mehrere psychische Störungen gleichzeitig vorliegen, wird die Behandlung meistens schwieriger. 

Viele psychische Störungen haben eine hohe Komorbidität. Das bedeutet, dass neben der im Vordergrund stehenden psychischen Störung gleichzeitig noch andere psychische oder körperliche Störungen bestehen. Die Psychotherapie ist nur dann erfolgreich, wenn diese ebenfalls erkannt und behandelt werden.

Ursache der psychischen Störung

Für die Therapie ist es wichtig, herauszufinden, welche familiären, beruflichen und/oder persönlichen Probleme an der Entstehung und Aufrechterhaltung der Störung beteiligt sind.

Wie eine psychische Störung entsteht, lässt sich bislang nicht eindeutig klären. Experten gehen bei den meisten psychischen Störungen nicht von einer einzigen Ursache, sondern von einem Zusammenspiel aus mehreren Bedingungen aus, die zur Entstehung der Erkrankung beitragen.

Ein häufig verwendetes Modell zur Erklärung der Ursachen ist das Vulnerabilitäts-Stress-Modell. Es geht davon aus, dass eine ungünstige Wechselwirkung aus biologischen, psychischen und sozialen Faktoren psychische Störungen hervorbringen kann. Demnach spielen sowohl die Gene als auch die Umwelt eine entscheidende Rolle.

Eine ungünstige genetische Veranlagung kann einen Menschen anfälliger für psychische Erkrankungen machen. Im Zusammenspiel mit seelischen Belastungen kann dann eine psychische Störung entstehen. Ist die Anfälligkeit (Vulnerabilität) hoch, kann bereits eine geringe Belastung eine Störung verursachen. Doch auch Menschen, die genetisch kaum belastet sind, können aufgrund schwerer Belastungen (z.B. traumatischer Erlebnisse) psychisch erkranken.

Schweigepflicht

Die Grundlage jeder Therapie ist das Gespräch zwischen Patient und Therapeut. Eine vertrauensvolle Beziehung zwischen beiden ist entscheidend, damit der Betroffene sich öffnen kann und der Therapeut einen umfangreichen Einblick in die Lebensgeschichte des Patienten erhält. Die Informationen, die der Therapeut erhält, muss er vertraulich behandeln. Denn er unterliegt der Schweigepflicht und darf keine Informationen ohne das Einverständnis des Patienten weitergeben.

Psychotherapie: Art der Behandlung

Das Ziel einer Psychotherapie ist, die Symptome der vorliegenden psychischen Störung zu verringern oder zu beseitigen und die Lebensqualität des Patienten zu verbessern. Wie man dieses Ziel erreicht - also wie die Behandlung abläuft -, ist je nach Therapieform sehr unterschiedlich. Während beispielsweise die Verhaltenstherapie den Fokus auf die gezielte Veränderung von Denkmustern und Verhaltensweisen legt, geht es in tiefenpsychologischen und analytischen Psychotherapien zunächst um das Verständnis der Ursachen.

Welche Therapieform im Einzelfall angewendet wird, hängt unter anderem von der Diagnose ab. Der Therapeut sich an Methoden orientieren, die sich für die Behandlung der vorliegenden psychischen Störung als effektiv erwiesen haben.

Die Dauer einer Psychotherapie hängt aber von der gewählten Therapieform und natürlich dem Behandlungsfortschritt ab. Als Patient muss man sich darauf einstellen, dass psychische Störungen nicht über Nacht geheilt werden können. In der Regel erstreckt sich eine Psychotherapie deshalb über mehrere Monate bis Jahre.

Betroffene sollten sich vor Behandlungsbeginn bei ihrer Krankenkasse erkundigen, für wie viele Sitzungen diese die Kosten übernimmt.

In schweren Fällen erhält der Patient eine Kombination aus Psychotherapie und Medikamenten. Die Wirkung von Medikamenten kann gerade zum Beginn der Therapie den Erfolg beschleunigen.

Zu beachten ist jedoch, dass die Medikamente Nebenwirkungen haben, und zudem ein Rückfall droht, wenn man sie absetzt. Insbesondere Beruhigungsmittel sind problematisch, da sie - anders als beispielsweise Antidepressiva - abhängig machen können. Auf lange Sicht ist daher für viele Störungen die Psychotherapie effektiver als Medikamente.

Ende der Therapie

Am Ende der Therapie bereitet der Therapeut den Patienten auf die Zeit danach vor. Er erkundigt sich nach bestehenden Ängsten und Sorgen, die noch bearbeitet werden müssen. Wenn der Therapeut es für sinnvoll erachtet, kann die Behandlung in manchen Fällen auch verlängert werden. Nach der Therapie jedenfalls sollte der Patient das Gefühl haben, nun auch ohne den Therapeuten im Alltag zurechtzukommen.

Welche Risiken birgt eine Psychotherapie?

Nicht immer erzielt eine Psychotherapie positive Ergebnisse. In manchen Fällen werden die Ziele der Therapie nicht erreicht; gelegentlich treten auch unerwünschte Wirkungen der Therapie auf. Im schlimmsten Fall hinterlässt die Therapie sogar Schäden bei den Patienten.

Kompetenz des Therapeuten

Es gibt unterschiedliche Gründe für Fehlentwicklungen in der Psychotherapie. Zum einen hängt der Erfolg der Therapie davon ab, dass der Therapeut die richtige Diagnose gestellt und eine passende Behandlung für den Patienten ausgewählt hat.

Ebenso wichtig ist, dass der Patient und der Therapeut harmonieren. Ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Patient und Therapeut ist eine wichtige Grundvoraussetzung für die Psychotherapie. Probleme mit der Therapieform oder dem Therapeuten sollte der Patient deshalb offen ansprechen. Denn wenn der Betroffene seine Unzufriedenheit beispielsweise aus Höflichkeit verschweigt, kann die Therapie nicht erfolgreich sein.

Zudem gibt es große Unterschiede in der Kompetenz von Therapeuten. Es lohnt sich daher, etwas zu recherchieren und sich umzuhören, bevor man einen Therapeuten wählt.  

Mitarbeit des Patienten

Wenn eine psychotherapeutische Behandlung problematisch verläuft, ist dafür aber nicht immer der Therapeut verantwortlich. Manche psychische Störungen nehmen unabhängig von der Therapie einen negativen Verlauf. Personen, die schwer traumatisiert sind oder an mehreren psychischen Störungen leiden, haben in der Regel eine schlechtere Prognose.

Eine Psychotherapie gestaltet sich auch dann schwierig, wenn der Patient sich nicht auf die Therapie einlassen will. Vor allem bei Persönlichkeitsstörungen (z.B. Multiple Persönlichkeitsstörung, Narzisstische Persönlichkeitsstörung) fehlt den Patienten oft die Einsicht, dass eine Psychotherapie notwendig ist.

Rückfälle

Eine Verschlechterung der Symptome bedeutet aber nicht zwangsläufig einen Misserfolg. Die therapeutische Bearbeitung von traumatischen Erlebnissen kann bei den Patienten dazu führen, dass es ihnen kurzzeitig schlechter geht, weil verdrängte Gefühle und Gedanken ins Bewusstsein gelangen.

Zudem treten bei einigen psychischen Störungen nach einer Besserung immer wieder Symptome der Erkrankung auf. Solche Rückfälle sind zum Beispiel bei Suchterkrankungen normal und sollten nicht als Beleg für eine fehlgeschlagene Therapie interpretiert werden.

Auswirkungen der Therapie

Wer eine Therapie beginnt, sollte sich bewusst machen, dass diese Veränderungen im Leben bewirkt. Um das Leiden zu reduzieren, setzt der Therapeut an den Verhaltensweisen und Gedanken des Patienten an, die Leiden erzeugen.

Wenn zum Beispiel eine ängstliche Person im Verlauf der Therapie zunehmend an Selbstbewusstsein gewinnt, hat das auch Auswirkungen auf ihr Umfeld. Möglicherweise ist der Partner keinen Widerspruch gewöhnt und hat deshalb Schwierigkeiten mit den Veränderungen.

Es kann auch sein, dass der Betroffene aufgrund seiner Veränderungen manche Privilegien verliert. Denn eine Krankheit bringt häufig einen sogenannten „sekundären Krankheitsgewinn“ mit sich. Das bedeutet, dass sich aufgrund der Erkrankung andere um den Betroffenen kümmern, ihm Aufmerksamkeit schenken oder auch Aufgaben abnehmen. Wenn sich sein Zustand bessert, kann sich das ändern.

Die Angst vor Veränderung sollte aber nie ein Grund sein, das Leiden weiter zu ertragen.

Psychotherapie – Folgen für den Beruf

Eine Psychotherapie kann sich nicht nur im privaten, sondern auch im beruflichen Leben negativ auswirken. Vorsicht ist vor allem bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung geboten. Versicherungen prüfen sehr genau den Lebenslauf, bevor sie eine Person versichern. Jeden Hinweis auf eine psychische Erkrankung sehen sie als potenzielles Risiko. Denn sehr häufig sind psychische Probleme der Grund, warum jemand seinen Beruf nicht mehr ausüben kann. Auch bei einer Verbeamtung können Informationen über psychische Störungen eine Ablehnung zur Folge haben.

Eine Möglichkeit, diese Schwierigkeiten zu umgehen, ist es, privat eine Therapie zu machen und die Kosten selbst zu übernehmen. Weder der Hausarzt noch die Krankenkasse haben dann Informationen darüber, und der Therapeut unterliegt der Schweigepflicht. Wenn verschwiegene psychische Störungen jedoch zu einem späteren Zeitpunkt bekannt werden, kann das negative Folgen haben.

Was muss ich nach einer Psychotherapie beachten?

Nach den einzelnen Therapiesitzungen ist es wichtig, sich ausreichend zu erholen. Die Themen in der Therapie sind oft sehr emotional. Daher ist es nicht immer leicht, sich gleich danach den alltäglichen Dingen zuzuwenden. In der Forschung gibt es sogar Hinweise darauf, dass das in der Therapie Gelernte schneller umgesetzt werden kann, wenn der Patient nach einer Therapiesitzung schläft.

Gegen Ende der Therapie liegt der Schwerpunkt auf der Rückfallprophylaxe. Das bedeutet, dass der Therapeut den Patienten auf mögliche Rückfälle vorbereitet und mit ihm Strategien erarbeitet, mit denen sich der Patient selbst stabilisieren kann.

Rückfälle sind bei psychischen Störungen nicht ungewöhnlich. Bei den Patienten lösen wiederauftretende Symptome oft die Angst aus, dass sie wieder am Anfang stehen. Viele Kliniken überweisen die Patienten nach einem stationären Aufenthalt an einen ambulanten Therapeuten, der sie für eine gewisse Zeit weiter betreut.

Rückfälle können auch viele Jahre nach einer Therapie wieder auftreten. In diesem Fall sollten sich Betroffene nicht scheuen, Hilfe bei einem Therapeuten zu suchen.

Stress spielt eine entscheidende Rolle bei psychischen Störungen. Wer sich gut um den eigenen Körper und die eigene Psyche kümmert, verringert das Risiko eines Rückfalls. Entscheidend ist, dass der Patient im Laufe der Therapie gelernt hat, sich selbst gut einzuschätzen, zu spüren, wann es für ihn kritisch wird, und entsprechend gegenzusteuern. 

Ausreichend Schlaf, eine ausgewogene Ernährung sowie Bewegung und Sport machen uns zusätzlich widerstandsfähiger gegen psychische Störungen. Der Kontakt zu Freunden und zur Familie gibt uns ebenfalls Stabilität im Alltag und unterstützt so den Erfolg einer Psychotherapie

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Julia Dobmeier
Julia Dobmeier

Julia Dobmeier absolviert derzeit ihr Masterstudium in Klinischer Psychologie. Schon seit Beginn ihres Studiums interessiert sie sich besonders für die Behandlung und Erforschung psychischer Erkrankungen. Dabei motiviert sie insbesondere der Gedanke, Betroffenen durch leicht verständliche Wissensvermittlung eine höhere Lebensqualität zu ermöglichen.

Quellen:
  • Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen: www.bdp-verband.org (Abruf: 29.09.2020)
  • Betriebskrankenkassen-Dachverband e.V. (BKK): www.bkk-dachverband.de (Abruf: 29.09.2020)
  • Gerrig, R. & Zimbardo, P.: Psychologie, Pearson Verlag, 21. Auflage, 2018
  • Hautzinger, H., et al.: Klinische Psychologie, Beltz Verlag, 8. Auflage, 2016
  • Kleim, B., et al. "Sleep enhances exposure therapy.", in: Psychological medicine (2014) 44(07): 1511-1519.
  • Voderholzer, U. & Hohagen, F.: Therapie psychischer Erkrankungen, Elsevier Verlag, 15. Auflage, 2019
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