Thalamus

Von , Ärztin
Eva Rudolf-Müller

Eva Rudolf-Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Humanmedizin und Zeitungswissenschaften studiert und immer wieder in beiden Bereich gearbeitet - als Ärztin in der Klinik, als Gutachterin, ebenso wie als Medizinjournalistin für verschiedene Fachzeitschriften. Aktuell arbeitet sie im Online-Journalismus, wo ein breites Spektrum der Medizin für alle angeboten wird.

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Der Thalamus oder auch Sehhügel ist ein Kerngebiet des Zwischenhirns. Er ist die Sammelstelle für alle Sinneseindrücke mit Ausnahme des Geruchssinns, die auf dem Weg zur Großhirnrinde hier umgeschaltet werden – also alle Eindrücke des Sehens, Hörens, Fühlens und der Temperatur- und Schmerzempfindung. Der Thalamus wird daher auch als „Tor zum Bewusstsein“ bezeichnet. Lesen Sie alles Wichtige über den Thalamus: Funktion, Anatomie und wichtige Störungen!

Was ist der Thalamus?

Der Thalamus bildet die hintere Fläche des Zwischenhirns. Er besteht aus grauer und weißer Substanz, wobei die graue Substanz durch dünne Blätter aus weißer Substanz in zahlreiche Kerne (Ansammlungen von Nervenzellkörpern) – die Thalamuskerne – aufgeteilt wird.

Der Thalamus besitzt einen vorderen Pol in Richtung auf den Nucleus caudatus (eines der Basalganglien), in dem der vordere Hauptkern des Thalamus (Nucleus anterior thalami) liegt. Der hintere Pol zeigt nach hinten unten und bildet das Polster (Pulvinar thalami). Seitlich des Pulvinar ist eine Erhebung, Corpus geniculatum laterale (der seitliche Kniehöcker), und unter der Vorderkante der Corpus geniculatum mediale (der mittlere Kniehöcker).

Die Seitenflächen des Thalamus grenzen an die Capsula interna. Dies ist die innere Kapsel des Gehirns, ein Bereich weißer Substanz, in der Projektionsfasern auf- und absteigend von der Großhirnrinde zu der Brücke, der Medulla oblongata und dem Rückenmark verlaufen. Die Vorderfläche ist mit dem Hypothalamus verwachsen.

Der Thalamus besitzt eine nach seitlich und vorne ausstrahlende Thalamus-Strahlung (Radiationes thalamicae). Diese wird auch Stabkranz des Thalamus genannt und besteht aus doppelläufigen Faserzügen, durch die der Thalamus mit der Großhirnrinde verbunden ist.

Welche Funktion hat der Thalamus?

Der Thalamus ist das Tor zum Bewusstsein. Er fungiert als Filter und Verteiler der einlangenden Informationen. Hier wird entschieden, welche Sinneseindrücke aus der Umwelt und dem Organismus ins Bewusstsein dringen sollen und welche dann auch an die entsprechenden Verarbeitungszentren weitergeleitet werden. Alle Sinneseindrücke des Fühlens, Sehen und Hörens – nicht aber des Riechens – werden über den Thalamus vermittelt.

Die Thalamuskerne beherbergen wiederum kleinere Kerne und Areale mit verschiedenen Funktionen. In den mittleren und hinteren Kerngruppen der Thalamuskerne werden alle somatosensiblen und sensorischen Bahnen (mit Ausnahme der Riechbahnen), die aus der Peripherie kommen und zur Großhirnrinde ziehen, umgeschaltet. Alle Verbindungen sind doppelläufig mit den entsprechenden Rindenfeldern verbunden. Dadurch wird es durch konzentrierte Aufmerksamkeit möglich, verschiedene Sinneseindrücke in unterschiedlichem Ausmaß wahrzunehmen: stark, gering oder auch fast gar nicht.

Seh- und Höreindrücke werden in Kernen des Metathalamus (Corpus geniculatum laterale und mediale) auf ihrem Weg zur Seh- und Hörrinde umgeschaltet.

Die Erregung der vorderen Kerngruppen der Thalamuskerne erfolgt nicht (wie die der mittleren und hinteren) über die Peripherie, sondern über das Pallidum (ein Stammganglion), das Kleinhirn und das Mittelhirn. Diese Thalamuskerne stehen dadurch mit der motorischen und prämotorischen Rinde in Verbindung und können Bewegungsabläufe beeinflussen.

Affektive und triebhafte Erregungen, emotionale Empfindungen werden in den Thalamuskernen umgeschaltet und in die zugehörigen Rindenareale weitergeleitet.

Geschmacksinformationen werden über den Geschmackskern zusammen geführt und über den Thalamus an die Geschmacksrinde weitergegeben.

Wo befindet sich der Thalamus?

Der Thalamus hat seinen Sitz im Zwischenhirn, das sich an das Stammhirn anschließt. Seine Kernmasse  liegt an beiden Seiten des dritten Hirnventrikels und wird von den beiden Großhirnhemisphären bedeckt.

Welche Probleme kann der Thalamus verursachen?

Das sogenannte Thalamussyndrom (Déjerine-Roussy-Syndrom) entsteht dadurch, dass ein Blutgerinnsel ein wichtiges Gefäß des Thalamus (wie die Arteria thalamostriata) verstopft (Thrombose). Die Folge ist ein Ausfall des Thalamus mit Seh- und Empfindungsstörungen, Hemianopsie (Halbseitenblindheit), einer starken Erregbarkeit der Reflexe sowie einer herabgesetzten Sensibilität der Haut und einer Störung der Tiefensensibilität.

Allgemein deuten sensible Störungen mit einer herabgesetzten Sensibilität, Überempfindlichkeit gegenüber allen Sinnesreizen (mit einer allerdings erhöhten Reizschwelle), Gefühlsstörungen und heftigen zentralen Schmerzen in der der Störung gegenüber liegenden Seite auf Störungen in dieser Hirnregion hin. Auch motorische Störungen mit einer starren Gesichtsmuskulatur und Hyperkinesien (Zwangsbewegungen der Hände und der Finger) und psychische Störungen mit Minderung der Aufmerksamkeit, Reizbarkeit, Ungeduld und Schreckhaftigkeit können durch eine Schädigung oder Erkrankung im Bereich des Thalamus hinweisen.

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Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Eva Rudolf-Müller
Eva Rudolf-Müller

Eva Rudolf-Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Humanmedizin und Zeitungswissenschaften studiert und immer wieder in beiden Bereich gearbeitet - als Ärztin in der Klinik, als Gutachterin, ebenso wie als Medizinjournalistin für verschiedene Fachzeitschriften. Aktuell arbeitet sie im Online-Journalismus, wo ein breites Spektrum der Medizin für alle angeboten wird.

Quellen:
  • Kirsch, J. et al.: Taschenlehrbuch Anatomie, Georg Thieme Verlag, 1. Auflage, 2010
  • Klinke, R. & Silbernagl, S.: Lehrbuch der Physiologie, Georg Thieme Verlag, 4. Auflage, 2005
  • Poeck, K. & Hacke, W.: Neurologie, Springer-Verlag, 12. Auflage, 2006
  • Pschyrembel Klinisches Wörterbuch, Walter de Gruyter Verlag, 262. Auflage, 2010
  • Waldeyer, A.: Anatomie des Menschen, Walter de Gruyter Verlag, 17. Auflage, 2002
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