Polio-Impfung

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Dr. med. Mira Seidel

Dr. med. Mira Seidel ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.

Florian Tiefenböck

Florian Tiefenböck hat Humanmedizin an der LMU München studiert. Im März 2014 stieß er als Student zu NetDoktor und unterstützt die Redaktion seither mit medizinischen Fachbeiträgen. Nach Erhalt der ärztlichen Approbation und einer praktischen Tätigkeit in der Inneren Medizin am Uniklinikum Augsburg ist er seit Dezember 2019 festes Mitglied des NetDoktor-Teams und sichert unter anderem die medizinische Qualität der NetDoktor-Tools.

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Die Polio-Impfung mit einem Totimpfstoff wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) für alle Säuglinge, Kinder und Jugendlichen empfohlen. Wer gar nicht oder nur unvollständig geimpft ist, sollte die Polio-Impfung dringend nachholen beziehungsweise vervollständigen. Erwachsene, die eine vollständige Grundimmunisierung mit einer Auffrischimpfung erhalten haben, gelten als vollständig geimpft. Erfahren Sie hier mehr über die Polio-Impfung.

Polio Impfung

Polio-Impfung: Bedeutung

Die Polio-Impfung ist der einzig wirksame Schutz vor der Kinderlähmung. Obwohl die Erkrankung in Deutschland nicht mehr vorkommt, gibt es einige Länder, in denen man sich mit dem Poliovirus anstecken und erkranken kann. Durch den internationalen Reiseverkehr gelangen vereinzelt Polio-Erkrankungen auch nach Deutschland. Deshalb ist die Poliomyelitis-Impfung weiterhin wichtig.

Polio-Impfung: Impfstoffe

Ab den 1960er Jahren bis 1998 wurde die Polio-Impfung in Deutschland als Schluckimpfung (OPV = oral polio vaccine) verabreicht. Dieser Lebendimpfstoff enthielt abgeschwächte Polio-Viren und wurde auf einem Stück Zucker verabreicht. Weil die Schluckimpfung vereinzelt zu einem Krankheitsausbruch führte (jährlich ein bis zwei Fälle paralytischer Poliomyelitis), änderte die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut 1998 die Impfempfehlungen:

Für die Polio-Impfung wird seither nur noch eine inaktivierte Polio-Vakzine (IPV) als Injektion verwendet, die keine Erkrankung hervorrufen kann. Der trivalente Polio-Impfstoff ist nämlich ein Totimpfstoff, enthält also nur abgetötete Polio-Erreger aller drei vorkommenden Typen (daher "trivalent").

Polio-Impfung: Impfschema

Die Kinderlähmung-Impfung wird im Säuglingsalter im Rahmen der Grundimmunisierung normalerweise zusammen mit fünf anderen Standardimpfungen durchgeführt. Die Sechsfachimpfung beinhaltet neben der IPV auch Impfstoffe gegen Diphtherie, Keuchhusten (Pertussis), Tetanus, Hepatitis B und Haemophilus influenzae Typ B.

Seit Juni 2020 empfehlen die STIKO-Experten, diesen Kombinationsimpfstoff in drei Teilimpfungen zu verabreichen. Das 2+1-Impfschema verläuft folgendermaßen:

  • Die erste Impfdosis wird im Alter von zwei Monaten gegeben.
  • Die zweite Dosis folgt mit vier Monaten.
  • Nach sieben Monaten (mit elf Monaten) erhalten die Kinder die dritte Polio-Impfung durch den Sechsfachimpfstoff.

Nicht alle Grundimmunisierungs-Impfstoffe sind für das reduzierte 2+1-Impfschema zugelassen. Fehlt also ein zugelassener Impfstoff, geben Ärzte die Impfung gemäß 3+1-Impfschema (in den Lebensmonaten zwei, drei, vier und elf)!

Für Frühgeborene, die vor der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt gekommen sind, gilt stets das 3+1-Impfschema. Sie erhalten eine zusätzliche Impfdosis im dritten Lebensmonat.

Soll die Polio-Impfung allein (als monovalenter Impfstoff) und nicht als Kombinationsimpfstoff zusammen mit anderen Schutzimpfungen verabreicht werden, erhalten Patienten für die Grundimmunisierung drei Impfungen. Die Zeitpunkte werden dabei üblicherweise wie beim 2+1-Impfschema gewählt.

Frühgeborene, die vor der 28. Schwangerschaftswoche geboren sind, haben während der drei Tage nach einer Polio-Impfung ein erhöhtes Risiko für Atemaussetzer. Sie werden deshalb über diesen Zeitraum überwacht.

Auffrischung der Polio-Impfung

Das Robert Koch-Institut empfiehlt, die Polio-Impfung im Alter zwischen neun und 16 Jahren einmal auffrischen zu lassen – beziehungsweise als Polio-Nachholimpfung bis zum 18. Lebensjahr. Gleichzeitig werden meist auch die Impfungen gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten aufgefrischt.

Nach dem vollendeten 18. Lebensjahr ist eine routinemäßige Polio-Impfung-Auffrischung nicht mehr vorgesehen. Eine weitere Impfdosis wird nur folgenden Erwachsenen empfohlen, deren letzte Auffrischimpfung länger als zehn Jahre zurückliegt:

  • Polio-Reiseimpfung für Reisende in Länder mit erhöhtem Infektionsrisiko (dabei sind die aktuellen Meldungen der Weltgesundheits-Organisation (WHO) zu beachten, vornehmliche sind Teile Afrikas und Asiens betroffen)
  • Aussiedler, Flüchtlinge und Asylbewerber in Gemeinschaftseinrichtungen, wenn sie aus Regionen mit Polio-Risiko eingereist sind

Zudem raten Ärzte zu einer berufsbedingten Polio-Impfung bei folgenden Berufsgruppen:

  • Personal in Gemeinschaftseinrichtungen
  • Medizinisches Personal, vor allem wenn es engen Kontakt zu Polio-Kranken hat
  • Personal in Laboren mit Poliomyelitis-Risiko

Fehlende oder unvollständige Grundimmunisierung

Wenn jemand als Kind keine oder nicht alle Teilimpfungen der Grundimmunisierung erhalten hat oder die Impfungen nicht dokumentiert wurden, sollte die Polio-Impfung nachgeholt beziehungsweise vervollständigt werden.

Wenn Sie in Endemiegebiete reisen wollen und keinen Nachweis über eine vollständige Polio-Impfung haben, empfehlen Mediziner mindestens zwei IPV-Impfdosen vor Reisebeginn. Genauere Informationen dazu erhalten Sie bei Ihrem Arzt.

Polio-Impfung: Schutzdauer

Als vollständig immunisiert gilt, wer eine vollständige Grundimmunisierung und eine Auffrischimpfung erhalten hat. Danach besteht ein zuverlässiger Polio-Impfschutz über zehn Jahre.

Polio-Impfung: Impfreaktionen und Nebenwirkungen

Der Sechsfach-Impfstoff ist im Allgemeinen gut verträglich. Manchmal entwickelt sich an der Injektionsstelle eine leichte Hautreaktion (Rötung, Schwellung, Schmerzen). Benachbarte Lymphknoten können anschwellen. Zudem sind leichte Allgemeinreaktionen wie Abgeschlagenheit, Magen-Darm-Beschwerden oder Temperaturerhöhungen möglich.

Auch hohes Fieber sowie eine Bronchitis können auftreten. Solche Reaktionen auf die mit anderen Impfstoffen kombinierte Polio-Impfung klingen aber meist ein bis drei Tage nach der Impfung wieder ab.

Manche Menschen reagieren allergisch auf Bestandteile des Impfstoffes. Andere Nebenwirkungen sind selten.

Die Impfreaktionen und Nebenwirkungen können je nach verwendetem Kombinationsimpfstoff leicht variieren.

Polio-Impfung: Kontraindikationen

Wie alle Impfungen sollte auch die Polio-Impfung nicht verabreicht werden, wenn jemand an einer fieberhaften Erkrankung leidet. Gleiches gilt für schwere allergische Reaktionen auf die Polio-Impfung oder einen ihrer Bestandteile.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Melanie Iris Zimmermann
Autoren:
Dr. med. Mira Seidel
Dr. med.  Mira Seidel

Dr. med. Mira Seidel ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.

Florian Tiefenböck hat Humanmedizin an der LMU München studiert. Im März 2014 stieß er als Student zu NetDoktor und unterstützt die Redaktion seither mit medizinischen Fachbeiträgen. Nach Erhalt der ärztlichen Approbation und einer praktischen Tätigkeit in der Inneren Medizin am Uniklinikum Augsburg ist er seit Dezember 2019 festes Mitglied des NetDoktor-Teams und sichert unter anderem die medizinische Qualität der NetDoktor-Tools.

ICD-Codes:
A80
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.: www.kinderaerzte-im-netz.de (Abruf: 23.12.2019)
  • Bundesamt für Gesundheit (BAG): Schweizerischer Impfplan 2021, unter: www.bag.admin.ch (Abrufdatum: 11.11.2021)
  • Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz: Impfplan Österreich 2021, unter: www.sozialministerium.at (Abrufdatum: 11.11.2021)
  • Grifka, J. & Kuster, M.: Orthopädie und Unfallchirurgie, Springer Verlag, 1. Auflage, 2011
  • Impf-Portal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): www.impfen-info.de (Abruf: 23.12.2019)
  • Krämer, J. & Grifka, J.: Orthopädie Unfallchirurgie, Springer Verlag, 8. Auflage, 2007
  • Österreichische Agentur für Ernährungssicherheit (AGES): Kinderlähmung, unter: www.ages.at (Abrufdatum: 11.11.2021)
  • Robert Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin 26/2020, erschienen am 25. Juni 2020, unter: www.rki.de (Abrufdatum: 30.06.2020)
  • Robert Koch-Institut: www.rki.de (Abruf 23.12.2019)
  • Siewert, J. & Stein, H.: Chirurgie, Springer Verlag, 9. Auflage, 2012
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