Ältere Damen spielt jumpBall auf dem Tablet

Ein Videospiel gegen Thrombose

Von , Medizinredakteurin
Lisa Vogel

Lisa Vogel hat Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Medizin und Biowissenschaften an der Hochschule Ansbach studiert und ihre journalistischen Kenntnisse im Masterstudiengang Multimediale Information und Kommunikation vertieft. Es folgte ein Volontariat in der NetDoktor-Redaktion. Seit September 2020 schreibt sie als freie Journalistin für NetDoktor.

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Spielerisch gegen Thrombose: Mit „jumpBALL“, einem Computerspiel der Technischen Universität Kaiserslautern, sollen Risikopatienten animiert werden, die sogenannte Muskel-Venen-Pumpe in den Unterschenkeln anzukurbeln. Und das scheint Spaß zu machen: Die Probanden einer ersten Studie trainierten dreimal so viel wie Patienten, die traditionell angeleitet worden waren.

Das neuartige Präventionsspiel funktioniert recht intuitiv: Blinken die zwei orangefarbenen Sensoren auf dem Fußrücken, geht es los: Erst die Zehen nach unten drücken, so weit wie möglich, dann Richtung Nasenspitze ziehen. Auf diese Weise wird jumpBall gesteuert. Auf dem Tablet navigiert man mit diesen Bewegungen einen bunten Ball durch einen Parcours – allein durch die Bewegung der Füße. Die beiden kabellosen Sensoren auf dem Spann sorgen dafür, dass die App die Bewegungen erkennt.

Der Ball soll hüpfen

Um Punkte zu sammeln, muss der Ball von Plattform zu Plattform hüpfen. Wird der linke Fuß gestreckt und wieder angezogen, springt der Ball eine Plattform weiter. Dieselbe Bewegung mit dem rechten Fuß lässt ihn auf der übernächsten Plattform landen.

Der Bewegungsablauf aktiviert die Waden- und Schienbeinmuskulatur und treibt damit die sogenannte Muskel-Venen-Pumpe an: Die arbeitenden Muskeln erzeugen nämlich Druck auf die großen Venen im Unterschenkel und das Blut wird besser zum Herzen zurück gepumpt – der wichtigste natürliche Schutz vor einer Thrombose.

Größte Gefahr: die Lungenembolie

Bei einer Thrombose verschließt ein Blutgerinnsel ein Gefäß, in den meisten Fällen eine Vene im Unterschenkel. Denn hier muss das Blut entgegen der Schwerkraft zurück zum Herzen fließen. Sind die Venen erweitert oder haben die Muskeln zu wenig Spannkraft, kann das Blut versacken. Es fließt nicht mehr und beginnt zu gerinnen.

Besonders gefährlich wird eine solche Thrombose, wenn sich das Gerinnsel löst und mit dem Blutstrom Richtung Herz und Lunge wandert. Dort kann es eine sogenannte Lungenembolie verursachen – einen Verschluss der Lungenarterien.

Nach Operationen besonders wichtig

Wenig Bewegung lässt das Thrombose-Risiko bereits deutlich steigen. Die Beinmuskulatur erschlafft, der Blutfluss wird langsamer. Langes Sitzen im Auto oder im Flugzeug ist deshalb ein Risikofaktor. Häufig tritt die Thrombose auch bei älteren Menschen auf. Aber auch Frauen, die die Pille nehmen, gehören zur Risikogruppe.

Am höchsten ist das Risiko nach einer Operation oder einem Trauma, denn dann kommt noch ein weiterer Risikofaktor hinzu: Um die verletzten Blutgefäße abzudichten, aktiviert der Körper sein Gerinnungssystem – Gerinnsel bilden sich so noch schneller.

Spielerisch statt monoton

Im Krankenhaus gehören deshalb Übungen gegen Thrombose ebenso zum Alltag wie Kompressionsstrümpfe. Doch „die Übungen sind sehr monoton und ermüdend“, sagt Daniel Steffen. „Aus Studien wissen wir, dass rund 65 Prozent der Patienten solche Übungen nicht oder nicht oft genug durchführen.“

Deshalb hat der Entwickler mit einem Team aus Ärzten, Informatikern und Psychologen an der Technischen Universität Kaiserslautern die Beinübung in jumpBall spielerisch verpackt. Eine erste Studie zeigte, dass jumpBall-Spieler bei jeder Anwendung den Bewegungsablauf im Durchschnitt 415 Mal wiederholten. Ohne das Spiel kamen sie nur auf etwa 120 Wiederholungen.

Spiel läuft auf allen Endgeräten

Steffens Team hat das Spiel vor allem für ältere Patienten entwickelt, die nach einer Operation ans Krankenhausbett gefesselt sind. Das Spiel läuft auf allen Smartphones, Tablets und Computern. Abgesehen von den Sensoren ist keine Hardware notwendig. Bislang ist jumpBall aber noch ein Prototyp und für den Verbraucher nicht erhältlich.

jumpBall-Entwickler Steffen kann sich in Zukunft mehrere Verwendungsmöglichkeiten vorstellen: „Im Krankenhaus könnte das Spiel für die Dauer des Aufenthalts zur Verfügung stehen.“ Aber auch privat soll das Computerspiel zum Einsatz kommen – als vorbeugende Maßnahme. „Die Sensoren könnten ausgeliehen oder käuflich erworben werden.“ Das Training für die Gefäße wäre dann sogar am Arbeitsplatz oder zu Hause auf dem Sofa möglich.

Autoren- & Quelleninformationen

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Lisa Vogel hat Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Medizin und Biowissenschaften an der Hochschule Ansbach studiert und ihre journalistischen Kenntnisse im Masterstudiengang Multimediale Information und Kommunikation vertieft. Es folgte ein Volontariat in der NetDoktor-Redaktion. Seit September 2020 schreibt sie als freie Journalistin für NetDoktor.

Quellen:
  • Deutsche Gesellschaft für Angiologie - Gesellschaft für Gefäßmedizin e.V.: Thrombose – ein Verschluss mit Lebensgefahr (https://www.dga-gefaessmedizin.de/patienten/venenerkrankungen/thrombose.html; Abruf am 13.11.2018)
  • Pressemitteilung der Technischen Universität Kaiserslautern, 05.11.2018
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