Goldregen

Goldregen-Wirkstoff hilft beim Rauchstopp

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Mit dem Rauchen aufzuhören, ist eine Herausforderung, an der viele Menschen scheitern. Das in höheren Dosen giftige Goldregen-Alkaloid Cytisin (Cytisiniclin) könnte Raucherinnen und Raucher dabei unterstützen: Es dockt an den Nikotinrezeptoren im Gehirn an und entfaltet so eine ähnliche, aber schwächere Wirkung als Nikotin.

So dämpft Cytisin Entzugserscheinungen wie das sogenannte Craving – ein anfallartiges, starkes Verlangen nach dem Suchtmittel. Gleichzeitig verhindert Cytisin, dass Zigaretten bei einem Rückfall einen nennenswerten Kick im Belohnungssystem des Gehirns entfalten.

Langjährige Erfahrung in Osteuropa

In Osteuropa setzen Rauchstoppwillige schon seit den 1960er-Jahren auf entsprechende Medikamente. In der EU ist ein Cytisin-haltiges Präparat unter dem Namen „Asmoken“ seit 2020 zugelassen.

Allerdings waren die Erfolge insgesamt bescheiden: Einer früheren Wirkstudie zufolge gelang es nur 8,4 Prozent der Goldregen-Anwender, ein Jahr lang auf Zigaretten zu verzichten – ohne die medikamentöse Unterstützung blieben jedoch nur 2,4 Prozent rauchfrei.

„Viele Betroffene, die sowohl von Tabak als auch von anderen Drogen abhängig waren, berichten, dass ihnen der Nikotinentzug von allen am schwersten fiel“, erklärt die renommierte Suchtforscherin Nancy A. Rigotti von der Harvard Medical School in Boston gegenüber NetDoktor.

Hilft ein optimiertes Medikationsschema besser?

Die Wissenschaftlerin und ihr Team haben nun an 810 langjährigen Rauchenden ein neues Behandlungsschema getestet. „Wir vermuteten, dass Cytisin in einer optimierten Dosierung wirksamer sein könnte“, so die Studienleiterin.

Das Team verdoppelte daher die Tagesdosis von 1,5 mg auf 3 mg Cytisin und verabreichte die Medikamente auch über einen längeren Zeitraum als bisher üblich. Tatsächlich erzielten sie damit einen deutlich größeren Erfolg.

Hilfe für mehrfach Gescheiterte?

Die Teilnehmenden waren durchschnittlich 53 Jahren alt, hatten im Schnitt 37 Jahre geraucht und im Mittel bereits viermal versucht, von den Zigaretten loszukommen. Mehr als 40 Prozent von ihnen hatten dazu sogar in früheren Rauchstoppversuchen auf das Medikament Vareniclin gesetzt, das auf einem Wirkstoff basiert, der genau wie Cytisin an den Nikotinrezeptoren im Gehirn andockt. Es handelte sich somit offenbar um Rauchende, denen es besonders schwer fiel, von den Zigaretten loszukommen.

Für die Studie nahm ein Teil der Testpersonen über einen Zeitraum von zwölf Wochen dreimal täglich eine Wirkstoffdosis von 3 mg Cytisin ein. Eine weitere Gruppe erhielt den Wirkstoff nur sechs Wochen lang und dann für weitere sechs Wochen ein Placebo. Eine Kontrollgruppe bekam über die gesamten zwölf Wochen ausschließlich ein Placebo verabreicht.

Außerdem erhielten alle Teilnehmenden eine verhaltenstherapeutische Begleitung auf ihrem Weg in die Tabak-Abstinenz.

Vervierfachte Chance auf Abstinenz

Die Ergebnisse: Bereits in den ersten sechs Wochen der Einnahme gingen Rauchverlangen und Entzugssymptome deutlich zurück.

Nahmen die Teilnehmenden zwölf Wochen lang Cytisin, waren nach sechs Monaten noch 21,1 Prozent von ihnen abstinent. Teilnehmende, die nur sechs Wochen lang Cytisin eingenommen hatten, wurden deutlich häufiger rückfällig: Nach sechs Monaten waren kamen nur noch nur noch 8,9 Prozent ohne Zigaretten aus. Das zeigt, dass eine längere Einnahmedauer sich auszahlt.

Die Nebenwirkungen hielten sich in Grenzen. Unerwünschte Symptome wie Übelkeit, ungewöhnliche Träume und Schlaflosigkeit traten bei weniger als 10 Prozent der Teilnehmenden auf. Das Medikament rief bei niemandem in der Studie schwerwiegendere Nebenwirkungen hervor.

Niedrige Quote an Studienabbrechern

Sechzehn Teilnehmende (2,9 Prozent) brachen die Behandlung mit Cytisin dennoch ab. In der Placebogruppe war die Ausfallquote jedoch höher. „Ich kann nur spekulieren, dass die Placebogruppe möglicherweise einen höheren Dropout aufwies, weil die Teilnehmenden das Gefühl hatten, nicht ausreichend von dem Medikament zu profitieren“ erklärt Rigotti gegenüber NetDoktor.

Zigarettenrauchen bleibe weltweit die häufigste vermeidbare Todesursache. Dennoch sei seit fast zwei Jahrzehnten kein neues Medikament zur Raucherentwöhnung von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) zugelassen worden, sagt die Wissenschaftlerin.

Nikotinsucht: Dringender Bedarf an neuen Medikamenten

„Es besteht ein dringender Bedarf an neuen Medikamenten zur Behandlung der Tabaksucht, da bestehende Produkte nicht allen Raucherinnen und Rauchern helfen und inakzeptable Nebenwirkungen haben können“, so Rigotti.

Cytisin habe das Potenzial, unzähligen Menschen dabei zu helfen, mit dem Rauchen aufzuhören, und die enorme Zahl vorzeitiger Todesfälle und Behinderungen aufgrund des Zigarettenrauchens in den USA und weltweit zu verringern.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Nancy A. Rigotti et al.: Cytisinicline for Smoking Cessation - A Randomized Clinical Trial, JAMA, 11. Juli 2023, doi:10.1001/jama.2023.10042
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