Schüssel mit Joghurt, Leinsamen- und -öl

ALS: Welche Rolle spielen Omega-3-Fettsäuren?

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Der Zustand von ALS-Betroffenen verschlechtert sich langsamer, wenn sie gut mit Omega-3-Fettsäuren versorgt sind. Was bedeutet das für die Therapie?

Amylotrophe Lateralsklerose (ALS) ist noch immer eine tödliche verlaufende Erkrankung. Bei dem seltenen Leiden gehen nach und nach die Nervenzellen zugrunde. Immer mehr Körperfunktionen fallen aus, während die Hirnfunktionen intakt bleiben. Bislang lässt sich die Krankheit nicht stoppen. Ihr Verlauf wird derzeit lediglich durch Medikamente gebremst.

Forschende der Harvard University in Boston haben untersucht, welche Rolle Omega-3-Fettsäuren im Krankheitsgeschehen spielen könnten. Die Fettsäuren sind unter anderem Bausteine der Zellmembranen, die die Nervenzellen umgeben. Sie gehören zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFAs), und wirken entzündungshemmend und neuroprotektiv (Nervenzellen schützend).

Senken hohe Spiegel das Krankheitsrisiko?

Große Bevölkerungsstudien haben schon früher gezeigt, dass Menschen, die über die Nahrung größere Mengen mehrfach ungesättigter Fettsäuren aufnehmen oder bei denen höhere Plasmaspiegel der Fettsäuren gemessen wurden, später seltener an ALS erkranken. Das galt insbesondere im Zusammenhang mit Alpha-Linolensäure.

Ob diese Faktoren aber auch den Krankheitsverlauf von ALS-Betroffenen beeinflussen, ist unklar. „Wir haben untersucht, ob die Plasmaspiegel von Alpha-Linolensäure und anderer PUFAs als Hinweise auf Überlebenszeit und Funktionsverlust von ALS-Patienten dienen können“, schreiben die Autorinnen und Autoren.

Dazu hat das Team um Kjetil Bjornevik die Spiegel verschiedener Omega-3-Fettsäuren im Blut von 449 ALS-Patientinnen und Patienten mit einem Durchschnittsalter von 58 Jahren untersucht. Abhängig von den Werten teilten sie die Teilnehmenden in vier Gruppen ein.

Zudem untersuchten sie den jeweiligen Schweregrad der Erkrankung. Dazu testeten sie zwölf körperliche Funktionen, darunter Schlucken, Sprechen und Kauen, außerdem die Muskelfunktion von Händen, Armen, Beinen und Rumpf sowie die Atemfunktion. Für diese vergaben sie jeweils Punkte zwischen Null (keine Funktion) und Vier (normale Funktion). Insgesamt erstreckte sich die Skala somit zwischen Null und 48.

Geringere Sterberate bei hohen Spiegeln

Nach 18 Monaten waren 126 (28 Prozent) der Studienteilnehmenden gestorben. In der Gruppe der Patientinnen und Patienten mit den höchsten Omega-3-Spiegeln war die Sterberate jedoch am geringsten (19 Prozent). In der Gruppe der Teilnehmenden mit den niedrigsten Werten war sie mit 33 Prozent am höchsten.

Auch die Muskelfunktionen der Teilnehmenden mit höheren Omega-3-Fettsäuren hatten weniger stark abgebaut als bei Betroffenen mit niedrigeren Blutwerten.

Am deutlichsten war der Zusammenhang bei der Alpha-Linolensäure. Sie ist vor allem in Leinnöl, sowie in Walnüssen, Rapsöl und Kürbiskernen enthalten. Aber auch höhere Konzentrationen der Omega-6-Fettsäure Linolsäure, die in Pflanzenölen, Nüssen, Fleisch, Samen und Eiern vorkommt, sowie der Omega-3-Fettsäure Eicosapentaensäure, die in fettem Fisch und Fischölpräparaten enthalten ist, waren mit einem geringeren Sterberisiko verbunden.

Hinweis aber kein Beweis

Ein Beweis dafür, dass höhere Spiegel dieser Fettsäuren den Untergang von Nervenzellen bei ALS Patienten bremsen könnten, oder dass umgekehrt niedrige Werte den Untergang der Nervenzellen beschleunigen, ist dies nicht. Denkbar wäre auch, dass ein gemeinsamer Faktor sowohl für einen schnelleren Krankheitsverlauf als auch für niedrige Werte verantwortlich ist.

Die Untersuchung liefere aber zumindest Hinweise darauf, dass Menschen mit ALS davon profitieren könnten, verstärkt Omega-3-Fettsäuren, insbsondere Alpha Linolensäure, über ihre Ernährung aufzunehmen. Um den Zusammenhang zu bestätigen, seien jedoch weitere Untersuchungen notwendig.

Autoren- & Quelleninformationen

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Kjetil Bjornevik et al.: Association of Polyunsaturated Fatty Acids and Clinical Progression in Patients With ALS: Post Hoc Analysis of the EMPOWER Trial, Neurology, 21. Juni 2023, doi: https://doi.org/10.1212/WNL.0000000000207485
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