Pommes

Zuckerkrank durch fettes Essen?

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Es scheint paradox: Wer kalorienreich isst, lässt sein Hirn hungern. Das gilt zumindest, wenn die verzehrte Nahrung besonders viel Fett enthält. Um seine Versorgung zu sichern, stößt das Gehirn dann Mechanismen an, die in einen Diabetes führen könnten.

Fettes Essen macht nicht nur dick, es bringt auch den Stoffwechsel durcheinander. „Schon nach drei Tagen einer fettreichen Diät nimmt das Gehirn weniger Zucker aus dem Blut auf“, sagt Alexander Jais vom Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung in Köln im Gespräch mit NetDoktor.

Gemeinsam mit seinen Kollegen hat er eine mögliche Erklärung für das Phänomen gefunden: Gesättigte Fettsäuren im Blut wirken möglicherweise giftig. Sie verringern die Zahl bestimmter Transportereiweiße (GLUT-1). Diese haben die wichtige Aufgabe, Zucker aus dem Blut ins Hirngewebe zu schaufeln. Stehen nicht genügend Transporter parat, wird das Hirn nicht ausreichend versorgt – obwohl mehr als genug Brennstoff im Blut zirkuliert.

Insbesondere im Hypothalamus, der den Stoffwechsel steuert, und in der Hirnrinde, die für Lernen und Erinnerung zuständig ist, fehlten in Experimenten mit Mäusen Zucker. „Auf eine solche Unterversorgung reagiert das Gehirn sofort“, sagt Jais.

Gehirn ist ein Egoist
Denn unser zentrales Steuerorgan kann es sich nicht leisten, auf Sparflamme zu fahren. Und sein Appetit ist enorm: „25 bis 35 Prozent unserer aufgenommenen Energie verbraucht allein das Gehirn“, sagt Jais. Es verfügt daher über verschiedene Mechanismen, die seine Versorgung sichern sollen. Forscher sprechen in diesem Zusammenhang auch vom „egoistischen Gehirn“, das drauf ausgerichtet ist, zuallererst seinen eigenen Bedarf zu decken. Die übrigen Organe stehen erst an zweiter Stelle.

Einen dieser Regulierungsmechanismen haben Jais und seine Kollegen nun entdeckt: Das hungrige Hirn aktiviert bestimmte Immunzellen, sogenannten Makrophagen, die daraufhin größere Mengen des Wachstumsfaktors VEGF produzieren. Dieser fördert wiederum die Bildung des Zuckertransporters GLUT-1. Bei fettreich ernährten Mäusen maßen die Forscher nach vier Wochen wieder normale Glukosespiegel im Gehirn, obwohl die Tiere weiterhin viel Fett verzehrten.

Zuckernachschub sichern
Darüber hinaus hat das Gehirn noch weitere Tricks auf Lager, um seinen Energienachschub zu sichern: Bei Mangel kurbelt es die Lust auf Süßes an – auch wenn eigentlich genug Kalorien in Form von Fett zur Verfügung stehen. Gleichzeitig reduziert es die Fähigkeit der übrigen Körperzellen – insbesondere der Muskulatur – Zucker aufzunehmen. So bleibt mehr fürs Denkorgan übrig.

Genau dieser Mechanismus könnte aber der erste Schritt auf dem Weg in einen Typ-2-Diabetes sein. Diese Form der Zuckerkrankheit ist durch eine Unempfindlichkeit der Körperzellen gegenüber Insulin gekennzeichnet, die sogenannte Insulinresistenz. Das Hormon ist gewissermaßen ein Kollege von GLUT-1. nur schaufelt es Glukose nicht in die Zellen des zentralen Nervensystems, sondern in die übrigen Körperzellen. Sprechen diese nicht mehr ausreichend auf Insulin an, steigen die Blutzuckerwerte.

Erster Schritt zum Diabetes
Genau diesen ungesunden Mechanismus stößt das hungrige Gehirn bei einer fettreichen Ernährung an. Die so provozierte Insulinresistenz könnte also ursprünglich ein Schutz des Gehirns vor dem Verhungern sein. „Insbesondere, wenn sehr häufig zu fettreich gegessen wird, könnte das den Stoffwechsel langfristig durcheinanderbringen“, sagt Jais.  „Im schlimmsten Fall entsteht dann ein Diabetes.“

Quelle: Pressemitteilung: Fettreiche Ernährung lässt Gehirn hungern, Max-Planck-Gesellschaft 26.04.2016

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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