Rauchen

Zuckerkrank durch Zigaretten

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Dick und Zuckerkrank - das trifft nicht immer zu. Manche Menschen entwickeln Typ-2-Diabetes, obwohl sie schlank sind. Ein Grund dafür könnten Zigaretten sein. Das gilt sogar für Passivraucher.

„Übergewichtig und unsportlich“ – dieser Vorstellung entsprechen längst nicht alle Typ-2-Diabetiker. Zwar ist Übergewicht neben der genetischen Veranlagung der Hauptrisikofaktor für diese Form der Zuckerkrankheit – aber nicht der einzige. Ein weiterer Risikofaktor, den bislang kaum jemand auf dem Radar hat: Zigaretten.

 „Raucher sind in der Regel schlanker als Nichtraucher – trotzdem ist ihr Risiko im Vergleich zu Nichtrauchern um fast 40 Prozent erhöht“, sagt Frank Hu von der Harvard School of Public Health im Gespräch mit NetDoktor, der an einer Übersichtsstudie zu dem Thema mitgewirkt hat.

Dass zwischen Rauchen und Krebs sowie Rauchen und Herz-Keislauf- und Atemwegserkrankungen ein Zusammenhang besteht, ist schon seit vielen Jahren belegt. Ein entsprechender Nachweis für Typ-2-Diabetes gestaltete sich schwieriger. Forscher haben nun 88 Untersuchungen zu diesem Thema im Rahmen einer Übersichtsstudie ausgewertet. Darin flossen Daten von insgesamt sechs Millionen Menschen ein.

Um bis zu 57 Prozent höheres Risiko

Die Ergebnisse waren beeindruckend: Im Vergleich zu Personen, die nie geraucht hatten, lag das Risiko für Typ-2-Diabetes für Raucher im Schnitt um 37 Prozent höher. „Raucher neigen dazu, mehr Fett im Bauchraum und um die Organe herum anzusetzen“, sagt Hu. Und genau diese Fettdepots sind es, die das Diabetesrisiko erhöhen: Sie produzieren Hormone und andere Botenstoffe, die die Zuckerkrankheit fördern. „Und dann sind da auch noch die giftigen Stoffe in den Zigaretten. Sie können die Beta-Zellen schädigen“, so Hu – die winzigen Insulinfabriken in der Bauchspeicheldrüse. Zudem kurbelt Rauchen ganz generell chronische Entzündungsreaktionen im Körper an – ein weiterer Mechanismus, über den Tabakkonsum auf Dauer Diabetes provozieren könnte.

Allerdings spielte für das Risiko auch die Zahl der gerauchten Zigaretten eine entscheidende Rolle: Leichte Raucher entwickelten zu 21 Prozent eher Diabetes als Nichtraucher, mittelstarke Raucher zu 34 Prozent und für schwere Raucher stieg das Risiko um 57 Prozent.

Rauchstopp mit Nebenwirkungen

Ein Rauchstopp kann die Diabetes-Gefahr wieder deutlich reduzieren: Nach zehn Jahren Tabakabstinenz lag es nur noch um elf Prozent höher als unter jenen Teilnehmern, die nie geraucht hatten. Allerdings kletterte es in den ersten fünf Jahren nach der letzten Zigarette zunächst auf 57 Prozent. „Die meisten Raucher nehmen im ersten Jahr nach dem Rauchstopp vier bis fünf Kilogramm Körpergewicht zu“, liefert Hu die Erklärung für das zunächst paradox anmutende Phänomen. Und Übergewicht ist neben einer entsprechenden Veranlagung nach wie vor der schwerwiegendste Risikofaktor für Typ-2-Diabetes. Erst in den folgenden Jahren sank das Risiko, zuckerkrank zu werden, für die Ex-Raucher ab – dafür dann aber deutlich.

Ebenfalls gefährdet: Passivraucher

Welch schädliche Wirkung der Tabakqualm tatsächlich entfaltet, zeigte seine Wirkung auch auf Nichtraucher: Wer regelmäßig den Rauch von anderen inhalieren musste, erkrankte deutlich öfter, nämlich mit einer um 22 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit an Diabetes vom Typ 2.

Insgesamt errechneten die Forscher, dass weltweit fast zwölf Prozent der Typ-2-Diabetes-Fälle von Männern auf das Konto von Zigaretten gehen. Da Frauen seltener rauchen als Männer, ist der blaue Dunst wohl nur für 2,4 Prozent der Diabeteserkrankungen bei ihnen verantwortlich.

Was allen empfohlen wird, gilt besonders für Menschen, in deren Familie bereits Typ-2-Diabetes aufgetreten ist: Achten Sie auf Ihr Gewicht. Bleiben Sie in Bewegung. Und: Lassen Sie die Kippen in der Schachtel.

Quelle: Relation of active, passive, and quitting smoking with incident diabetes: a systematic review and meta-analysis," An Pan, Yeli Wang, Mohammad Talaei, Frank B. Hu, Tangchun Wu, The Lancet Diabetes & Endocrinology, online September 18, 2015, doi: 10.1016/ S2213-8587(15)00316-2

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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