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Zika - Welt im Gesundheitsnotstand?

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat wegen des Zika-Virus-Ausbruchs den internationalen Gesundheitsnotstand erklärt. Damit hat die WHO eines ihrer machtvollsten Instrumente in Kraft gesetzt. Doch was bedeutet die Maßnahme konkret?

Krankheiten kennen keine Grenzen. Manchmal muss die Weltgemeinschaft zusammenarbeiten, um eine bedrohliche Situation abzuwenden. Die WHO kann angesichts eines solchen „außergewöhnlichen Vorfalls“ einen internationalen Gesundheitsnotstand erklären. Voraussetzung ist, dass eine Situation die öffentliche Gesundheit in verschiedenen Staaten bedroht und internationale Maßnahmen zur Eindämmung erfordert. Ziel ist es dann, die Kräfte weltweit zu bündeln, um der Gefahr Paroli zu bieten. So jetzt auch der Zika-Virus-Epidemie.

Alarmierte Gesundheitsbehörden

Zika ist ein Virus, das vielfach unbemerkt kommt und geht. Und das, wenn überhaupt, meist nur harmlose Beschwerden verursacht wie Hautausschlag, mäßiges Fieber oder eine Bindehautentzündung. Doch dann schlugen die Gesundheitsbehörden in Südamerika Alarm. Sie beobachteten eine dramatische Häufung von Schädelmissbildungen bei Neugeborenen, die parallel mit der Verbreitung des Virus zunächst in Französisch-Polynesien und jetzt in Brasilien aufgefallen war.

Mehr als 4000 Kinder könnten seither von einem sogenannten Mikrozephalus betroffen sein, weil ihre Mütter sich während der Schwangerschaft mit Zika infiziert hatten. Die Kinder kommen mit kleineren Schädeln und kleineren Gehirnen zur Welt, was schwerste Behinderungen oder auch den Tod nach sich ziehen kann

„Nur wegen dieses Zusammenhangs ist Zika als internationaler Gesundheitsnotfall eingestuft worden“, betont Dr. David Heymann, Vorsitzender des Notfallkomitees der WHO. Da die Erkrankung allein nicht als klinisch bedeutsam zu werten sei, wäre die Ausbreitung für sich allein kein Argument gewesen.

Experten: Bis zu vier Millionen Infizierte

Zwar ist noch nicht bewiesen, dass tatsächlich das Zika-Virus die Missbildungen verursacht hat. Doch halten Experten das für im höchsten Maße wahrscheinlich. Hinzu kommen Hinweise, dass die Krankheit auch gravierende neurologische Komplikationen bei Erwachsenen nach sich ziehen könnte: Die Zahlen des potenziell tödlich verlaufenden Guillain–Barré-Syndroms ist in den Zika-betroffenen Gebieten ebenfalls auffällig gestiegen.

Forscher rechnen damit, dass sich binnen eines Jahres drei bis vier Millionen Menschen mit dem Virus infizieren könnten. Damit sei die Gefahr, dass massenweise Ungeborene Schaden nehmen könnten, zu groß, um weiter abzuwarten, so die Einschätzung der WHO.

„Um gefährdete Personen, insbesondere Schwangere, zu schützen, ist eine koordinierte internationale Reaktion notwendig“, sagte Dr. Margaret Chan, Generaldirektorin der WHO auf einer Pressekonferenz. Sie solle die Überwachung verbessern, Infektionen, Schädelmissbildungen und neurologische Komplikationen aufspüren, die Mückenpopulationen besser kontrollieren und die Entwicklung diagnostischer Tests und Impfstoffe voranzutreiben.

Zika ist nicht Ebola

In der vergangenen Woche hatten verschiedene Experten die WHO dafür kritisiert, nicht schnell genug auf die Zika-Virus-Epidemie zu reagieren (NetDoktor berichtete). Dies insbesondere im Hinblick auf die Versäumnisse während des Ebola-Ausbruchs, der bei einem rascheren und entschlossenen Eingreifen möglicherweise deutlich weniger Menschenleben gefordert hätte.

Allerdings betonen Mediziner auch: „Zika ist nicht Ebola.“ Gottlob fast immer harmlos, statt fast immer tödlich. Und das Virus kann auch nicht ohne Weiteres von Mensch zu Mensch weitergegeben werden. Zwar ist eine Übertragung über Blut und Geschlechtsverkehr nicht ausgeschlossen, doch für die massenweise Ausbreitung sind bestimmte Mückenarten als Überträger notwendig.

Das Hauptaugenmerk der Maßnahmen richtet sich daher auf den Überträger des Virus, die asiatische Tigermücke. In Brasilien sind 220.000 Soldaten mobilisiert worden, die mit Insektiziden gegen die Insekten vorgehen, Brutstätten wie Wasserlachen möglichst umfassend eliminieren, die Bevölkerung informieren und entsprechende Mückenschutzmittel verteilen.

Daneben sind vor allem Schwangere aufgerufen, sich zu schützen – mit entsprechender Kleidung, Moskitonetzen und Mückensprays. Außerdem wird ihnen empfohlen, Reisen in betroffene Gebiete zu verschieben. Eine allgemeine Reisewarnung wurde bislang nicht ausgesprochen.

In Deutschland keine Gefahr

Auch wenn der Begriff „internationaler Gesundheitsnotstand“ es suggeriert, wird Zika sich nicht auf dem gesamten Planeten ausbreiten. Nicht mal dann, wenn Reisende die Krankheit mit in ihre Heimat bringen – so wie die fünf Infizierten, die seit Oktober 2015 in Deutschland gemeldet wurden. Es fehlen die Tigermücken, die das Virus als Hauptüberträger benötigt. Dass erste Exemplare der Tiere im Süden Deutschlands – etwa im Raum Freiburg – gesichtet wurden, ist zumindest derzeit ohne Bedeutung: Bei den aktuell herrschenden Temperaturen sind keine Mücken unterwegs.

Warten auf den Herdenschutz

Experten rechnen damit, dass die Krankheit sich erst einmal rasant weiter auf dem amerikanischen Kontinent ausbreiten wird. Dann werde die Infektionswelle aber wieder von alleine deutlich abebben. Der Grund: Die explosionsartige Ausbreitung ist derzeit nur möglich, weil in der südamerikanischen Bevölkerung so gut wie niemand immun gegen das Virus ist. Sobald genügend Menschen aufgrund durchgemachter Infektionen eine Immunität aufgebaut haben, wird das Virus praktisch heimatlos: Es greift der sogenannte Herdenschutz, von dem dann jene Menschen – auch Ungeborene – profitieren, die selbst nicht immun sind.

Quellen:

WHO-Statement: WHO statement on the first meeting of the International Health Regulations (2005) (IHR 2005) Emergency Committee on Zika virus and observed increase in neurological disorders and neonatal malformations, . Februar 2016

WHO-News: WHO Director-General summarizes the outcome of the Emergency Committee regarding clusters of microcephaly and Guillain-Barré syndrome, 1. Februar 2016

NBC-News: WHO Declares Zika a Public Health Emergency, 1. Februar 2016

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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