Augen lasern Blog

Augen lasern: Da kommt das Licht

Von , Medizinredakteurin und Biologin
Luise Heine

Luise Heine ist seit 2012 Redakteurin bei Netdoktor.de. Studiert hat die Diplombiologin in Regensburg und Brisbane (Australien) und sammelte als Journalistin Erfahrung beim Fernsehen, im Ratgeber-Verlag und bei einem Print-Magazin. Neben ihrer Arbeit bei NetDoktor.de schreibt sie auch für Kinder, etwa bei der Stuttgarter Kinderzeitung, und hat ihren eigenen Frühstücksblog „Kuchen zum Frühstück“.

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Nie wieder Brille, nie wieder Kontaktlinsen - das Versprechen einer Laser-OP für die Augen ist sehr verlockend. Unsere Redakteurin Luise Heine hat sich verführen lassen - und sah das Licht kommen …

 “Wer möchte ein Beruhigungsmittel?”, fragt eine blonde OP-Schwester. Meine Hand schießt in die Höhe. Es ist 16:30 Uhr, ich sitze in einem abgedunkelten Warteraum eines Münchner Augen-Lasik-Zentrums. Und ich will Drogen! Schon Tage vorher hat mir der Gedanke Trost gespendet, dass Medikamente mein Empfinden dämpfen, wenn ich mein Augenlicht in die Hände des Augenlaser-Operateurs gebe. Es riecht nach Desinfektionsmittel an diesem Ort, an dem ich meinen Blick schärfen lassen möchte.

Kurzsichtig mit knapp sieben Dioptrien sind mein Startkapitel – das bedeutet als Übersetzung für Nicht-Brillen-Träger: Ich muss eine Buchseite circa sechs Zentimeter vor die Linse halten, um sie lesen zu können. Die Welt ohne Sehprothese besteht vor allem aus bunten Farbpunkten. Vorteil: Ich merke mir immer gut, wo ich Sachen hinlege, damit ich sie notfalls auch ohne Sehhilfe tastend finde. Ich brauche nur meine Brille auf und ab zu setzen um zu wissen, der Vorher-Nachher-Effekt der OP wird enorm sein.

Tut es weh?

Während ich im Wartezimmer mit zunehmend trockenem Mund mein Brillengestell in der Hand drehe (Zwei Wochen lange musste ich sie vor der OP tragen. Mein Verdacht – man soll noch mal deutlich erinnert werden, warum man das Wagnis auf sich nimmt), gehen mir verschiedene Sachen durch den Kopf.

“Weh tut es nicht, nein”, hat mir der Augenarzt versichert, der mit dem Laser an mir rumspielen wird. “Nur der Saugnapf ist etwas unangenehm.” Saugnapf? Ich werde aufgeklärt: Ein Ring wird auf mein Auge aufgesetzt, ein Unterdruck erzeugt, damit ich nicht mehr damit zucken kann. Dann schneidet ein Laser horizontal durch die Hornhaut, um den “Flap”, also die fast abgetrennte Hornhautschicht zu erzeugen, die später wieder – wie eine Abdeckung – auf die behandelte Stelle gelegt werden soll. Schwer vorstellbar, dass das nicht wehtut.

Aber tatsächlich, so hat mir meine vor ein paar Jahren gelaserte Freundin Kerstin verraten: “Das Unangenehmste war für mich das Aufklammern der Augenlider.” Das klingt nicht ganz ungefährlich. Die Augenlider werden mit Metallspangen daran gehindert, ihrer natürlichen Funktion, dem Blinzeln, nachzugehen. Das ist natürlich gut so, wer möchte schon gerne ein Muster in die zarte Lidhaut gebrannt bekommen. Ich seufze tief. Ich bin nicht gut im Warten und fühle mich wie auf dem Weg zur Schlachtbank.

Zwanzig Minuten sind nicht lang – eigentlich

Da wird die Dame, die gleichzeitig mit mir gewartet (und die Happy-Pill bekommen) hat, rausgeführt. Sie tut mir leid. Bei mir wirkt die Pille nämlich noch nicht – meine Hände sind immer noch schweißnass, mein Herz klopft wild. Aber sie hat es wenigstens gleich hinter sich.

“Die ganze OP dauert nicht länger als 20 Minuten – danach noch in den Ruheraum und schon dürfen Sie wieder heim”, hat mir der OP-Arzt beim Vorabtermin versichert. 20 Minuten – so lange dauert die U-Bahnfahrt vom Goetheplatz in München nach Fröttmaning. Es ist ein bisschen kürzer, als eine Löwenzahn-Sendung. Gerade aber kommt es mir endlos lang vor.

Übrigens, der Kreislauf kann schlapp machen

Dann ist es soweit: “Die Brille können sie mir geben”, die Tablettenfrau hält fordernd die Hand auf. Sich so gut wie blind in den OP begeben? Ich hatte gehofft, ich sehe wenigstens, was auf mich zukommt. Aber nein, die Dame ist unnachgiebig und beschwichtigt mich, dass alle gut auf mich aufpassen werden. Ein kleiner Tumult ist vor der Tür zu hören, während sie mir grüne Überzieher für meine Schuhe reicht. Die frisch gelasterte Dame ist zusammen gebrochen, braucht die Kreislauftropfen.

“Ja, das kann passieren”, hat mich der Arzt vorher informiert. “Wenn die Anspannung schlagartig nachlässt, dann kriegen manche Probleme mit ihrem Kreislauf.” Ich ordere vorsichtshalber auch gleich eine Portion Tropfen für mich mit. “Ich fühle mich immer noch nicht ruhiger”, erkläre ich bang. Ach, die Tabletten sind für hinterher, erfahre ich, damit ich gut schlafen kann? Na toll! Ich schlucke, aber jetzt gibt es kein Zurück mehr.

Schwingend zum Laser

Ich werde zu einer Liege geführt. Erste Überraschung, sie ist freischwingend. Und kann, so erklärt mir eine Stimme, von einem Laser zum anderen geschwungen werden. Denn der Laser der den Flap macht, ist nicht derselbe, der dann die berechnete Hornhautschicht darunter abträgt. Ich hatte irgendwie etwas wie einen Computertomographen erwartet, wo mit eisernen Bändern meine Extremitäten fixiert werden.

Da kommt was großes, grünes – ich werde komplett mit einer OP-Plane abgedeckt. Nur mein Auge bleibt frei und versucht unruhig etwas von dem Schattenspiel über ihm zu erfassen.

Klammern und Saugring – zum Glück nicht zu sehen

Nachdem ich schon im Wartezimmer Betäubungstropfen ins Auge bekommen habe, folgt jetzt die zweite Ladung. Es brennt kurz und die Sicht wird gelb. “Spüren Sie das noch?”, fragt der Operateur und fährt mir mit einem klitzekleinen Plastiklappen über das Auge. Ja! Also gleich noch eine Tropfendusche. Dass die Augenlider aufgeklammert werden, bemerke ich praktisch nicht. Ich sehe ja nichts. Es tut nicht weh und ist nicht unangenehm – die Drahtbügel werden allerdings dafür sorgen, dass ich hinterher mehrere Tage einen Bluterguss im Auge habe – für alle sichtbares Zeichen meiner Tapferkeit.

Dann geht es Schlag auf Schlag. “Jetzt kommt der Saugring.” Ich sehe einen Schemen auf mich zukommen und es drückt auf mein Auge. Angenehm ist es sicher nicht, aber meine blühende Fantasie hatte etwas wesentlich Schlimmeres befürchtet. “Ich fahre Sie jetzt unter den Laser, der schneiden soll. Schauen Sie bitte ins rote Licht.” Der Druck auf mein Auge verstärkt sich leicht, es wird laut, als der Lichtstrahl seine Arbeit beginnt. “Ich klappe jetzt den Flap zur Seite.” Wo eben einigermaßen gebündeltes Licht zu sehen war, wird auf einmal alles diffus. Hui – mit Schwung werde ich zum anderen Laser befördert.

Da ist ja ein Regenbogen!

“Wir lasern jetzt. Neun, acht, …”  – Eine Stimme beginnt die Sekunden herunterzuzählen und in meinem Auge explodiert ein Regenbogen. Darauf hat mich keiner vorbereitet. Aber ich finde es schön. Gleichzeitig hat man das Gefühl, das kleine Funken fliegen, so wie bei einer Wunderkerze. Und an sich ist es ja auch etwas Wunderbares – mit einer kleinen OP wieder normal sehen können. Der Lasermann klappt den Flap wieder über die Wundfläche, streicht sie glatt. Und schon beginnt das Prozedere von vorne.

Puck, die Stubenfliege

Vorbei! Mit geschlossenen Augen werde ich auf einen Stuhl mit schräger Lehne gesetzt. Kurz schaut mir der Arzt noch mal rein, bevor er zwei durchsichtige Plastikdeckel drüber klebt – so bleiben die Augen zum Heilen schön feucht. Puck, die Stubenfliege schaut sich vorsichtig um. Viel ist aber noch nicht zu sehen, Schlieren auf dem Auge verderben mir die Aussicht – die Kunststoffdeckel beginnen zu beschlagen. Zum Glück hab ich eine Begleitperson, die mich an der Hand zum Taxi führt. Daheim angekommen wirken endlich die blöden Tabletten und ich sinke in einen traumlosen Schlaf.

Am nächsten Tag darf ich mich vom Insektenleben verabschieden. Vorsichtig entferne ich den Verband. So sieht sie also aus die Welt – in scharf. Toll! Bücherwand – kein Problem! Hauswand auf der anderen Straßenseite – kein Problem! Meine Augen tränen vor Freude, oder weil sie noch beleidigt sind- egal. Allerdings, irgendwie ist alles heller, fast wie mit Weichzeichner – ein paar Schlieren sind auch dabei. Auch das Sonnenlicht ist nicht mein Freund – es beißt in den Augen. “Das ist ganz normal”, versichert mit der Augenarzt beim Kontrolltermin ein paar Stunden später. Ich soll mich ein paar Tage mit einer Sonnenbrille schmücken und in drei Monaten wiederkommen.

Ein Jahr danach

Die Augen-OP ist jetzt schon fast ein Jahr her und ich leide weder an trocknen Augen noch an übermäßiger Nachtblindheit und meine Hornhaut hat sich nicht verabschiedet. Ich reibe mit dir Augen wieder mit ausgesprochenem Vergnügen – das habe ich mich ungefähr drei Monate nach der OP nicht getraut.

Einziger Wehrmutstropfen: Das linke Auge hat noch eine Dioptrien behalten. Damit habe ich einen Gutschein zum Nachlasern gewonnen. Als mir der Laser-Dompteur allerdings erklärt, dass er händisch die Narbe wieder auftrennt und den Flap zur Seite klappt, hab ich für mich beschlossen: Nein danke. Ich bin froh, dass es vorbei ist und ich muss nicht noch einmal von vorne anfangen. Und so doll merk ich das auch gar nicht – eigentlich nur ganz, ganz  hinten im Kino.

P.S. : Mein schönster Moment danach? Imm wieder aufwachen, nach der Brille tasten, bevor die Erkenntnis mich erreicht: Mach einfach das Licht an, die Brille brauchst du nicht mehr. Und in meinem Herzen geht ein Regenbogen auf.

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Luise Heine ist seit 2012 Redakteurin bei Netdoktor.de. Studiert hat die Diplombiologin in Regensburg und Brisbane (Australien) und sammelte als Journalistin Erfahrung beim Fernsehen, im Ratgeber-Verlag und bei einem Print-Magazin. Neben ihrer Arbeit bei NetDoktor.de schreibt sie auch für Kinder, etwa bei der Stuttgarter Kinderzeitung, und hat ihren eigenen Frühstücksblog „Kuchen zum Frühstück“.

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