Endokarditis

Von Christina Trappe
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Bei einer Endokarditis entzündet sich die Herzinnenhaut (Endokard) und mit ihr vor allem die Herzklappen. Auslöser der Endokarditis ist meist eine bakterielle Infektion, die möglichst schnell mit Antibiotika behandelt werden muss. Seltener beruht eine Herzinnenhautentzündung auf einer anderen Erkrankung (z.B. Pilzinfektion, Autoimmunkrankheit). Lesen Sie mehr über Ursachen und Behandlung einer Endokarditis.

endokarditis

Endokarditis: Beschreibung

Die Endokarditis ist eine Entzündung der Herzinnenhaut, des sogenannten Endokards. Die Herzwand ist aus drei verschiedenen Schichten aufgebaut - das Endokard ist die innere davon. Es kleidet die Vorhöfe und Kammern des Herzens aus und bildet auch die vier Herzklappen. Diese fungieren als Ventile für das Blut, das mit jedem Schlag durch das Herz gepumpt wird. Bei einer Endokarditis sind in den meisten Fällen eine oder mehrere Herzklappen entzündet, meistens die Mitralklappe und/oder die Aortenklappe, selten auch die Klappen des rechten Herzens.

Meist verursacht eine Infektion mit Bakterien die Endokarditis, seltener Pilzinfektionen. Es gibt auch nicht-infektiöse Formen der Endokarditis. Hier entzündet sich das Endokard, ohne dass es von Krankheitserregern besiedelt wird, zum Beispiel im Rahmen des rheumatischen Fiebers. Die nicht-infektiöse Form der Endokarditis wird in den westlichen Ländern immer seltener, die infektiöse Form dagegen gewinnt an Häufigkeit. Dies liegt vor allem daran, dass heute bestimmte Herzoperationen öfter durchgeführt werden – und auch diese können die Ursache für eine Infektion sein. Meist erkranken ältere Menschen an einer Endokarditis.

Bei der infektiösen Endokarditis unterscheidet man zwei Formen:

  • Beim akuten Verlauf verschlechtert sich der Zustand des Betroffenen plötzlich rapide (Endocarditis acuta).
  • Bei der subakuten Form (Endocarditis lenta) treten die Anzeichen schleichend auf und werden deshalb oft nicht direkt als Endokarditis-Symptome erkannt.

In beiden Fällen ist es wichtig, dass eine Herzinnenhautentzündung so früh wie möglich diagnostiziert und behandelt wird, um schwere Verläufe zu vermeiden.

Endokarditis: Symptome

Die Symptome einer Endokarditis unterscheiden sich je nach ihrer Ursache. Die akute Endokarditis wird oft durch Staphylokokken ausgelöst. Sie äußert sich mit plötzlich auftretenden und rasch fortschreitenden Symptomen. Dazu zählen vor allem:

Durch die Entzündung entstehen an den Herzklappen Auflagerungen (thrombotisches Material+Erreger). Davon können sich kleine, ebenfalls infektiöse Stückchen lösen, die über die Blutbahn in andere Körperregionen gelangen. Dort verschließen sie kleine Gefäße (Embolie). Das betreffende Gewebe erhält deshalb zu wenig Sauerstoff (Ischämie) und geht zugrunde. Je nach Körperregion entstehen durch diese septischen Embolien verschiedene Endokarditis-Symptome, etwa:

  • Im zentralen Nervensystem eine sogenannte septisch-embolische Herdenzephalitis. Es kommt unter Umständen zu Schlaganfall-artigen Beschwerden, Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit oder starker Schläfrigkeit (Somnolenz).
  • An der Haut verursachen die Embolien Einblutungen in die Haut. Mediziner sprechen von Janeway-Läsionen (schmerzlose Einblutungen an Hand- und Fußsohle) oder Osler-Knötchen (schmerzende, knotige Blutungen in Fingern und Zehen). Meist an den Nägeln sind kleinste, punktförmige Einblutungen zu sehen (Petechie).
  • Infarkte und Vergrößerung der Milz
  • Niereninfarkte
  • Im Auge Gefäßverschlüsse und Einblutungen der Netzhaut

Die subakute Form (Endocarditis lenta) beginnt schleichend. Der typische Erreger der subakuten Endokarditis ist Streptococcus viridans. Die Betroffenen haben oft leichtes Fieber über einen längeren Zeitraum. Schüttelfrost tritt nur ab und zu oder gar nicht auf. Erkrankte beklagen oft wenig Appetit und Gewichtsverlust. Anhaltende Entzündungsreaktionen beeinträchtigen auch bei dieser Endokarditis andere Organe - meist durch Ablagerung von Eiweißstoffen des Abwehrsystems (Immunkomplexe).

Die Endokarditis-Symptome können bei nicht-infektiösen Ursachen etwas anders sein. So stehen bei der rheumatischen Endokarditis meist andere Anzeichen des rheumatischen Fiebers im Vordergrund – etwa Gelenkschmerzen, die von einem Gelenk zum anderen wandern. Menschen mit Lupus erythematodes merken oft lange Zeit nichts davon, wenn sich Auflagerungen an ihren Herzklappen bilden (Libman-Sacks-Endokarditis). Es können sich auch andere Schichten der Herzwand entzünden (Perikarditis, Myokarditis) und verschiedene Symptome wie Brustschmerzen und einen beschleunigten Herzschlag verursachen.

Endokarditis: Ursachen und Risikofaktoren

Eine Endokarditis kann verschiedene Ursachen haben. Sowohl eine infektiöse (bakterielle) Endokarditis als auch eine nicht-infektiöse (abakterielle) Form ist möglich.

Infektiöse Endokarditis

Auslöser für eine infektiöse Endokarditis sind in den meisten Fällen Bakterien, vor allem Staphylokokken und Streptokokken, gelegentlich auch Enterokokken. Der häufigste Erreger ist Staphylococcus aureus. Auch andere Bakterien und Pilze kommen infrage, allerdings selten. Pilzinfektionen machen ungefähr ein Prozent der Endokarditiden aus und betreffen vor allem Patienten mit stark geschwächtem Abwehrsystem.

Die bakterielle Endokarditis droht vor allem Patienten mit Vorschädigungen der Herzinnenhaut, auf denen sich die Erreger leichter ansiedeln, zum Beispiel durch:

  • einen angeborenen oder erworbenen Herzfehler (z.B. offener Ductus arteriosus); unnatürliche Blutverwirbelungen können das Endokard angreifen und Infektionen begünstigen.
  • Operationen am Herzen, vor allem wenn Fremdkörper eingesetzt werden; das gilt insbesondere für künstliche Herzklappen, aber auch Venenkatheter und Kabel von Herzschrittmachern.

Auch wenn viele Bakterien in den Blutkreislauf geschwemmt werden, kann eine Endokarditis auftreten. Dies kann etwa durch bestimmte Operationen im Bereich der Zähne und Atemwege geschehen, genauso wie durch einen Abszess oder bei Drogenabhängigen, die sich Spritzen setzen.

Jedoch muss hinter einer Endokarditis nicht immer eine bakterielle Infektion der Herzinnenhaut stehen. Einige Erkrankungen können auch eine nicht-infektiöse Endokarditis auslösen:

Rheumatische Endokarditis

Die rheumatische Endokarditis entsteht erst nach einer abgelaufenen Bakterieninfektion. Etwa ein bis drei Wochen nach einer Streptokokkeninfektion (meist in Form einer Mandelentzündung oder Rachenentzündung) kann das sogenannte rheumatische Fieber auftreten. Der Erkrankte entwickelt hohes Fieber und es entzünden sich im Wechsel verschiedene Gelenke (wandernde Polyarthritis). Manchmal bilden sich Knötchen und Ausschläge auf der Haut (Erythema anulare rheumaticum, Erythema nodosum).

Auch das Herz kann beteiligt sein, etwa in Form einer rheumatischen Endokarditis. Man bezeichnet sie trotzdem als nicht-infektiöse Endokarditis, da diese Entzündungen nicht auf die Streptokokken zurückgehen, sondern auf Abwehrmechanismen des eigenen Immunsystems, die irrtümlich auch körpereigenes Gewebe angreifen. Mediziner nennen diese Herzklappenentzündung Endocarditis verrucosa, bei der sich kleine, rötliche Klappenauflagerungen bilden.

Endokarditis bei Lupus

Eine Endokarditis kann auch im Rahmen eines Systemischen Lupus erythematodes auftreten, einer Autoimmunerkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis. Hier spricht man von einer Libman-Sacks-Endokarditis. Ähnlich wie bei der rheumatischen Endokarditis entstehen durch die körpereigene Abwehr Entzündungen und Auflagerungen an den Herzklappen (Fibrinthromben).

Weitere Endokarditis-Formen

Selten sind auch Endokarditiden in Zusammenhang mit dem Löffler-Syndrom (Hypereosinophiles Syndrom), einer entzündlichen Erkrankung, die normalerweise das Lungengewebe betrifft. Bei einer Löffler-Endokarditis (auch Endocarditis parietalis fibroplastica) verdickt sich die Herzinnenhaut. Darauf sammeln sich bestimmte Abwehrzellen (eosinophile Granulozyten). Bei dieser Form sind aber in erster Linie die Herzwände beteiligt.

Auch ein Karzinoid-Syndrom, eine Krankheit bei der ein Tumor bestimmte Botenstoffe (v.a. Serotonin) vermehrt freisetzt, kann die Herzklappen angreifen und zu einer Endokardfibrose führen. Eine Endocarditis thrombotica liegt vor, wenn andere schwere Erkrankungen dazu führen, dass sich Blutzellen an der Herzklappe festsetzen. Zu diesen Krankheiten zählen etwa Krebs, ausgeprägte Unterernährung oder eine schwere Nierenschwäche mit anhaltend erhöhtem Harnstoff.

Endokarditis: Untersuchungen und Diagnose

Zur Diagnose der Endokarditis erkundigt sich der Arzt zunächst nach der Krankengeschichte (Anamnese). Er fragt zum Beispiel, ob dem Patienten ein Herzfehler bekannt ist und ob eventuell ein Eingriff am Herzen stattgefunden hat. Aber auch andere Operationen (zum Beispiel beim Zahnarzt) können wichtige Hinweise liefern. Dies gilt auch für vorangegangene Infekte, Autoimmunerkrankungen und Drogenkonsum. Bei der körperlichen Untersuchung messen Ärzte zum Beispiel die Körpertemperatur und hören das Herz mit einem Stethoskop ab.

Bei Verdacht auf eine Endokarditis folgt eine Echokardiografie(auch Ultraschallkardiografie - UKG genannt). Das Herz wird durch den Brustkorb mit einem Ultraschallgerät untersucht. Es folgen weitere Untersuchungen, wenn Auffälligkeiten feststellbar sind oder die betreffende Person ein erhöhtes Endokarditisrisiko aufweist (zum Beispiel Patienten mit künstlichen Herzklappen). So liefert ein Herzultraschall, der durch die Speiseröhre durchgeführt wird (transösophageales Echokardiogramm, TEE), ein noch genaueres Bild des Herzens. Daher gilt: sind im TEE keine Auflagerungen an der Klappe zu sehen, ist eine Endokarditis sehr unwahrscheinlich.

Besonders wichtig ist auch die Blutuntersuchung des Patienten, denn sie kann Aufschluss über die Ursache geben. Das Blut wird hierfür im Labor auf Krankheitserreger als mögliche Auslöser einer infektiösen Endokarditis untersucht (Blutkulturen). Findet man den Keim, kann er durch das richtige Antibiotikum gezielt behandelt werden. Bleibt die Ursache der Endokarditis unklar, schließen sich weitere Untersuchungen an, zum Beispiel eine Magnetresonanztomografie (MRT) oder die Entnahme einer Gewebeprobe der Herzinnenhaut (Endokardbiopsie).

Ist die Endokarditis-Diagnose schwer zu stellen, führen Ärzte manchmal zusätzliche Untersuchungen wie eine Computertomographie (CT) oder eine Positronen-Emissions-Tomographie (PET) durch. Damit sie besser einschätzen können, ob tatsächlich eine Herzklappenentzündung vorliegt, sind in der Endokarditis-Leitlinie sogenannte Duke-Kriterien festgelegt. Liegt eine bestimmte Kombination dieser Kriterien vor, gilt eine Endokarditis als gesichert.

Endokarditis: Behandlung

Welche Therapie der Endokarditis im Einzelfall richtig ist, entscheiden verschiedene Spezialisten in Absprache miteinander – meist Kardiologen, Mikrobiologen, Infektiologen und Herzchirurgen. Bei der bakteriellen Endokarditis ist die wichtigste Maßnahme eine schnelle und effektive Antibiotikatherapie. In der Regel werden die Antibiotika intravenös (also direkt in die Vene) verabreicht. Die Wahl des Antibiotikums stimmen die Ärzte dabei so genau wie möglich auf den auslösenden Erreger ab - sofern ein Keim gefunden wird. Durch regelmäßige Kontrollblutuntersuchungen überprüfen sie, wie gut die Therapie anspricht.

In etwa jedem zehnten Fall kann der Krankheitserreger nicht nachgewiesen werden (sogenannte kulturnegative Endokarditis). Trotzdem ist der Einsatz von Antibiotika schon bei einem Endokarditis-Verdacht gerechtfertigt. Denn von der schnellen Behandlung hängt das Patientenleben ab. Ärzte versuchen in diesen Fällen eine Antibiotikakombination, die nahezu alle Erreger abdeckt.

Bei etwa jedem zweiten Patienten mit infektiöser Endokarditis reicht eine Therapie mit Antibiotika nicht aus. Eine Operation wird zum Beispiel nötig, wenn die Herzklappen durch die Entzündung stark geschädigt sind und eine Herzschwäche droht. In so einem Fall entfernen die Ärzte in der Regel das erkrankte Gewebe und setzen dem Patienten eine oder mehrere künstliche Herzklappen ein.

Bei nicht infektiösen Ursachen ist der wichtigste Teil der Endokarditis-Therapie, dass die Grunderkrankung behandelt wird. Patienten mit Systemischem Lupus erythematodes können zum Beispiel Kortisonpräparate helfen, welche die Autoimmunreaktion bremsen. Bei rheumatischem Fieber werden einerseits die Streptokokken mit Antibiotika bekämpft, andererseits wird mit entzündungshemmenden Medikamenten die Abwehrreaktion gedämpft. Um einem rheumatischen Fieber vorzubeugen, verabreichen Ärzte schon bei der vorangehenden Rachen- oder Mandelentzündung Antibiotika, wenn ein Streptokokken-Schnelltest positiv ausfällt.

Endokarditis: Prophylaxe

Mit welchen Maßnahmen Sie einer Endokarditis vorbeugen können, erfahren Sie hier.

Endokarditis: Krankheitsverlauf und Prognose

Die Prognose einer Endokarditis hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • Zeitpunkt der Diagnose
  • Ursache der Herzinnenhautentzündung
  • (Vor-) Schädigung des Herzens
  • Alter des Patienten
  • Immunsystem des Patienten
  • Chronische Vorerkrankungen (z.B. Diabetes mellitus)
  • Bei bakterieller Endokarditis: Empfindlichkeit des Erregers gegenüber Antibiotika

Relativ häufig sind bei der Endokarditis Komplikationen, die entstehen, wenn sich Wucherungen oder Auflagerungen auf dem Endokard lösen. Werden diese „Stückchen“ in die Blutbahn geschwemmt, können sie ein Blutgefäß verstopfen und so einen Schlaganfall oder eine Embolie auslösen.

Heute lässt sich eine infektiöse Endokarditis in circa drei von vier Fällen erfolgreich behandeln. Wird sie jedoch zu spät erkannt oder ist der Betroffene bereits älter und hat mehrere Krankheiten, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie tödlich verläuft. Ohne Behandlung führt die Endokarditis (nahezu) immer zum Tod.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

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ICD-Codes:
I33I09I01I38I39
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Erdmann, E.: Klinische Kardiologie: Krankheiten des Herzens, des Kreislaufs und der herznahen Gefäße. Springer, 7. Auflage, 2009
  • Herold G. et al.: Innere Medizin, Selbstverlag, 2018
  • Leitlinien d. dt. Gesellschaft f. Kardiologie (DGK): Pocket-Leitlinie Infektiöse Endokarditis (Stand: 2015) (Abruf: 14.01.2020)
  • Prange, H. W.: Die Septische Herdenzephalitis, Intensivmed 43 (2006): 85-93
  • Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. De Gruyter Verlag. 264. Auflage 2013
  • Roskamm, H. et al.: Herzkrankheiten: Pathophysiologie, Diagnostik, Therapie. Springer, 5. Auflage 2004
  • Wappler, F. et al.: Anästhesie und Begleiterkrankungen: Perioperatives Management des kranken Patienten. Thieme Verlag, 2. Auflage 2011
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