Kardiomyopathie

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Marian Grosser

Marian Grosser studierte in München Humanmedizin. Daneben hat der vielfach interessierte Arzt einige spannende Abstecher gewagt: ein Philosophie- und Kunstgeschichtestudium, Tätigkeiten beim Radio und schließlich auch für Netdoktor.

Florian Tiefenböck

Florian Tiefenböck hat Humanmedizin an der LMU München studiert. Im März 2014 stieß er als Student zu NetDoktor und unterstützt die Redaktion seither mit medizinischen Fachbeiträgen. Nach Erhalt der ärztlichen Approbation und einer praktischen Tätigkeit in der Inneren Medizin am Uniklinikum Augsburg ist er seit Dezember 2019 festes Mitglied des NetDoktor-Teams und sichert unter anderem die medizinische Qualität der NetDoktor-Tools.

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Der Begriff „Kardiomyopathie“ steht für verschiedene Erkrankungen der Herzmuskulatur. Bei allen Formen verändert das Muskelgewebe seine Struktur und verliert an Leistungsfähigkeit. Die Betroffenen haben oft die Symptome einer Herzschwäche. Im schlimmsten Fall kann eine Herzmuskelerkrankung sogar einen plötzlichen Herztod auslösen. Erfahren Sie hier alles über die unterschiedlichen Formen einer Kardiomyopathie, welche Ursachen sie haben und was man dagegen tun kann.

Kardiomyopathie

Kardiomyopathie: Beschreibung

Mit dem Begriff „Kardiomyopathie“ fassen Mediziner verschiedene Erkrankungen des Herzmuskels (Myokard) zusammen, bei denen der Herzmuskel nicht mehr richtig arbeitet.

Was passiert bei einer Kardiomyopathie?

Das Herz ist eine kräftige Muskelpumpe, die durch ständiges Ansaugen und Auswerfen von Blut den Kreislauf aufrecht hält.

Das sauerstoffarme Blut aus dem Körper gelangt über kleinere Venen in die große Hohlvene (Vena cava). Dieses Gefäß führt das Blut zum rechten Vorhof. Von dort gelangt es über die Trikuspidalklappe in die rechte Herzkammer. Diese pumpt das Blut durch die Pulmonalklappe in die Lunge, wo es mit frischem Sauerstoff angereichert wird. Anschließend fließt es zurück zum Herz, genauer gesagt in den linken Vorhof. Durch die Mitralklappe strömt das sauerstoffreiche Blut in die linke Kammer, die es schließlich in den Körperkreislauf pumpt.

Bei allen Kardiomyopathien verändert sich das Herzmuskelgewebe (Myokard) im Krankheitsverlauf immer weiter. Dadurch ist die Funktion des Herzens eingeschränkt. Betroffene haben unterschiedliche Beschwerden, je nachdem, welche Form einer Kardiomyopathie vorliegt und wie ausgeprägt diese ist.

Welche Kardiomyopathien gibt es?

Grundsätzlich unterscheiden Ärzte primäre von sekundären Kardiomyopathien. Eine primäre Kardiomyopathie entsteht direkt am Herzmuskel. Bei einer sekundären Kardiomyopathie hingegen schädigen vorausgehende oder bestehende andere Erkrankungen des Körpers in ihrem Verlauf auch das Myokard.

Eine primäre Kardiomyopathie kann angeboren oder erworben sein, also erst im Lauf des Lebens auftreten. Es gibt auch Mischformen aus angeborenen und erworbenen Herzmuskelerkrankungen. Diese Unterteilung entspricht der Definition der Amerikanischen Herzgesellschaft (American Heart Association = AHA) und berücksichtigt auch mögliche Ursachen.

Im Gegensatz dazu verzichten die Experten der Europäischen Herzgesellschaft (European Society of Cardiology = ESC) auf eine primäre und sekundäre Unterteilung. Außerdem zählen sie beispielsweise Ionenkanalerkrankungen wie das Long-QT-Syndrom nicht zu den Kardiomyopathien, da die Muskelstruktur nicht verändert ist.

Bezogen auf die veränderte Herzmuskelfunktion und -struktur teilen sie die Kardiomyopathie in vier beziehungsweise fünf Haupttypen ein. Diese sind:

Außerdem gibt es noch sogenannte unklassifizierte Kardiomyopathien (NKCM). Dazu zählt zum Beispiel die Tako-Tsubo-Kardiomyopathie.

Dilatative Kardiomyopathie

Unter den Kardiomyopathien ohne sofort erkennbare Ursache ist die dilatative Form die häufigste. Dabei verliert das Herz wegen einer Überdehnung des Herzmuskels an Kraft. Lesen Sie alles darüber im Text dilatative Kardiomyopathie!

Hypertrophe Kardiomyopathie

Bei diesem Kardiomyopathie-Typ ist der Herzmuskel zu dick und seine Dehnbarkeit eingeschränkt. Erfahren Sie alles zu dieser Form der Herzmuskelerkrankung im Text hypertrophe Kardiomyopathie!

Restriktive Kardiomyopathie

Die restriktive Kardiomyopathie ist sehr selten, ihre Ursache nicht sicher bekannt. Hierbei versteifen die Herzkammerwände vor allem des linken Ventrikels, weil vermehrt Bindegewebe in den Muskel eingebaut wird. Die Muskelwände sind dadurch weniger dehnbar, was vor allem die Diastole behindert. Die Diastole ist die Entspannungsphase, in der sich die Herzkammern mit Blut füllen.

Da sich die Herzkammer nicht mehr richtig ausdehnen kann, gelangt weniger Blut vom Vorhof in die Kammer. Folglich staut es sich im linken Vorhof. Dadurch vergrößern sich die Vorhöfe bei einer restriktiven Kardiomyopathie für gewöhnlich. Die Herzkammern sind hingegen meist normal groß. Sie können das Blut in der Auswurfphase (Systole) überwiegend normal weiterpumpen.

Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC)

Bei der ARVC ist die Muskulatur der rechten Herzkammer verändert. Die dortigen Herzmuskelzellen sterben teilweise ab und werden durch Binde- und Fettgewebe ersetzt. Infolgedessen dünnt der Herzmuskel aus und die rechte Herzkammer erweitert sich. Dies beeinträchtigt auch das elektrische Reizleitungssystem des Herzens. Es können Herzrhythmusstörungen entstehen, die vor allem bei körperlicher Belastung auftreten.

Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie fällt oft bei jungen, männlichen Sportlern auf. In dieser Gruppe verursacht die ARVC etwa zehn bis zwanzig Prozent der plötzlichen Herztodesfälle. Die eindeutige Ursache dieser Kardiomyopathie-Form ist unbekannt.

Sonstige Kardiomyopathien

Neben den vier Hauptformen gibt es noch andere Herzmuskelerkrankungen. Zu diesen "unklassifizierten" Kardiomyopathien gehören beispielsweise die non-compaction-Kardiomyopathie, eine angeborene Form, bei der nur die linke Herzkammer betroffen ist, und die Stress-Kardiomyopathie, auch broken-heart-syndrome oder Tako-Tsubo-Kardiomyopathie genannt.

Es gibt außerdem noch den Begriff „hypertensive Kardiomyopathie“. Er bezeichnet eine Herzmuskelerkrankung, die als Folge von chronischem Bluthochdruck (Hypertonie) auftritt. Bei Hypertonikern muss das Herz kräftiger pumpen, um das Blut beispielsweise in verengte Arterien zu befördern. Die linke Herzkammer verdickt sich dadurch immer mehr und verliert schließlich an Leistungsfähigkeit.

Genau genommen gehört die durch Bluthochdruck ausgelöste Funktionsstörung des Herzens aber nicht zu den Kardiomyopathien. Denn laut der allgemein anerkannten Definition der Amerikanischen Herzgesellschaft (American Heart Association = AHA), muss man Herzmuskelschädigungen, die eine direkte Folge anderer Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind, von den eigentlichen Kardiomyopathien unterscheiden.

In ihrer Definition verwerfen die AHA-Experten daher auch den Begriff einer ischämischen Kardiomyopathie. Damit bezeichneten Ärzte insbesondere Herzmuskelerkrankungen, die entstanden sind, weil der Herzmuskel mit zu wenig Sauerstoff versorgt wurde. Das ist zum Beispiel bei einer koronaren Herzkrankheit der Fall. Ihre Maximalvariante ist der Herzinfarkt. Ferner gehören Herzmuskelerkrankungen durch Herzklappenfehler nicht zu den Kardiomyopathien.

Broken-heart-syndrome (Tako-Tsubo-Kardiomyopathie)

Diese Form der Kardiomyopathie wird durch starken emotionalen oder körperlichen Stress ausgelöst und verheilt meist folgenlos. Lesen Sie hier das Wichtigste über das broken-heart-syndrome.

Wer ist von einer Kardiomyopathie betroffen?

Prinzipiell kann eine Kardiomyopathie jeden treffen. Es lässt sich keine allgemeine Aussage über das typische Erkrankungsalter oder die Geschlechterverteilung machen. Denn diese Werte sind stark von der jeweiligen Form der Kardiomyopathie abhängig.

Viele primäre Kardiomyopathien sind beispielsweise angeboren und können sich schon in jungen Jahren bemerkbar machen. Andere, meist sekundäre Formen der Herzmuskelerkrankung, treten dagegen erst später auf. Genauso betreffen manche Kardiomyopathie-Typen vermehrt Männer, während es auch Varianten gibt, die vor allem bei Frauen auftreten.

Kardiomyopathie: Symptome

Bei allen Formen einer Kardiomyopathie arbeiten bestimmte Herzmuskelpartien, manchmal auch das ganze Herz nicht mehr richtig. Deshalb leiden viele Betroffene unter typischen Beschwerden einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz) sowie Rhythmusstörungen.

Abgeschlagenheit

Durch die Kardiomyopathie ist das Herz manchmal nicht mehr stark genug, um eine ausreichende Menge Blut in die Arterien zu pumpen (Vorwärtsversagen). Patienten fühlen sich dann oft müde und schlapp, ihre gesamte Leistungsfähigkeit nimmt ab. Erreicht zu wenig sauerstoffreiches Blut das Gehirn, sind Betroffene sehr schläfrig oder auch verwirrt. Durch den gestörten, oft langsamen Blutfluss entzieht das Gewebe dem Blut mehr Sauerstoff (vermehrte Sauerstoffausschöpfung). Dies zeigt sich durch kalte und bläulich verfärbte Haut (periphere Zyanose) - meist zuerst an Händen und Füßen.

Ödeme

In einigen Fällen staut sich außerdem Blut in die Lungengefäße und Venen zurück (Rückwärtsversagen). Daraufhin tritt Flüssigkeit aus den Blutgefäßen ins Lungen- und Körpergewebe über. Die Folge sind beispielsweise Arm- und Beinödeme sowie Pleuraergüsse (Flüssigkeitsansammlungen um die Lungenflügel herum). Lagert sich Flüssigkeit ins Lungengewebe selbst ein, sprechen Mediziner von einem Lungenödem.

Verursacht die Kardiomyopathie eine ausgeprägte Herzschwäche, staut sich das Blut auch in innere Organe wie die Leber, den Magen oder die Nieren zurück. Betroffene verspüren weniger Appetit, fühlen sich aufgebläht oder haben Schmerzen im Bereich der Leber (rechter Oberbauch). Manchmal treten auch die Halsvenen deutlich hervor. Die Symptome eines Rückwärtsversagens des Herzens nennt man auch „Stauungszeichen“.

Zyanose

Zu Beginn eines Lungenödems müssen Betroffene vermehrt husten, verstärkt im Liegen und damit nachts. Nimmt das Lungenödem zu, bekommen Betroffene immer schlechter Luft (Dyspnoe). Sie husten dann schaumiges Sekret und sind zusehends kurzatmig. Befindet sich zu viel Flüssigkeit im Lungengewebe, nimmt das Blut zudem nicht mehr genug Sauerstoff auf. Schleimhäute etwa der Lippen oder der Zunge erscheinen bei einer ausgeprägten Herzschwäche daher oft bläulich (zentrale Zyanose).

Herzrhythmusstörungen

Um den Körper trotz der Kardiomyopathie-Symptome mit genug Sauerstoff zu versorgen, schlägt das Herz entsprechend schneller. Viele Patienten haben deshalb eine erhöhte Herzfrequenz (Tachykardie). Außerdem schlägt das Herz allein durch die krankhaften Veränderungen einer Kardiomyopathie häufig unregelmäßig (Arrhythmie). Betroffene nehmen dies als Herzstolpern wahr (Palpitationen). Ferner beklagen sie Schwindelattacken oder kurze Ohnmachtsanfälle (Synkopen).

Verspüren Sie Kardiomyopathie-Symptome, sollten Sie unbedingt zum Arzt gehen! Eine frühe Behandlung kann eine rasche Krankheitsverschlechterung aufhalten!

Je nach Kardiomyopathie-Typ können die genannten Symptome unterschiedlich ausgeprägt sein. Auch wie lange es dauert, bis es überhaupt zu Beschwerden kommt, hängt stark von der Art der Herzmuskelerkrankung ab. Es kommt immer wieder vor, dass eine Kardiomyopathie viele Jahre unentdeckt bleibt.

Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie macht sich oft durch eine ausgeprägte Tachykardie bemerkbar, die vor allem bei körperlicher Belastung auftritt. Auch Synkopen kommen bei dieser Variante öfter vor. Die restriktive Kardiomyopathie zeigt sich eher in einer Herzschwäche mit Atemnot und Stauungszeichen.

Komplikationen

Bei Patienten mit einer Kardiomyopathie bilden sich an den inneren Herzwänden leichter Blutgerinnsel als bei gesunden Menschen. Denn das Herz pumpt schlechter und unregelmäßig. Dadurch fließt das Blut nicht richtig weiter, verwirbelt an bestimmten Stellen im Herzen und gerinnt dort schließlich. Es entsteht ein sogenannter Thrombus. Er kann sich lösen und über das Gefäßsystem weitertransportiert werden. Mediziner sprechen dann von einem Embolus, der womöglich an anderer Stelle im Körper Schlagadern (Arterien) verschließt. Gefürchtete Folgen sind zum Beispiel Lungenembolien oder Schlaganfälle.

Wenn sich der Herzmuskel verändert, wirkt sich das oft auch auf die Herzklappen aus. So können im Verlauf einer Kardiomyopathie Klappenfehler wie etwa eine Mitralklappeninsuffizienz auftreten. Sie mindern die Herzleistung zusätzlich.

In seltenen Fällen werden die Herzrhythmusstörungen im Rahmen einer Kardiomyopathie plötzlich so massiv, dass der komplette Blutkreislauf zusammenbricht. Dabei schlagen die Herzkammern zu schnell, sodass sie sich zwischen den Schlägen kaum noch mit Blut füllen (Kammertachykardie). Es droht der plötzliche Herztod.

Kardiomyopathie: Ursachen und Risikofaktoren

Bezüglich der Ursachen von Kardiomyopathien ist es sinnvoll, die primären von den sekundären Erkrankungsformen zu unterscheiden.

Ursachen primärer Kardiomyopathien

Primäre Kardiomyopathien haben oft genetische Ursachen. Die Betroffenen haben also eine familiäre Veranlagung für eine Herzmuskelerkrankung, die verschieden stark ausgeprägt sein kann.

So gibt es Varianten, die innerhalb einer Familie mit hoher Wahrscheinlichkeit an die nächste Generation vererbt werden. Bei anderen besteht für die Nachkommen lediglich ein leicht erhöhtes Risiko, selbst zu erkranken. Kardiomyopathien mit genetischer Ursache liegen oft schon von Geburt an vor. Beschwerden zeigen sich aber oft erst später, beispielsweise im jungen Erwachsenenalter.

Wissenschaftliche Untersuchungen in den letzten Jahren offenbaren immer mehr Veränderungen im Erbgut. Diese Gendefekte beeinträchtigen beispielsweise bei der hypertrophen Kardiomyopathie die Bildung spezieller Eiweiße. Das stört Aufbau und Stabilität der kleinsten Muskeleinheit (dem Sarkomer) und damit letztlich die Funktion des Herzmuskels.

Die genaue Ursache primärer genetischer Kardiomyopathie ist größtenteils weiter unbekannt. Ärzte sprechen dann von einer idiopathischen Kardiomyopathie. So lässt sich beispielsweise in etwa der Hälfte der Patienten mit einer restriktiven Kardiomyopathie keine Ursache für die Erkrankung finden.

Ursachen sekundärer Kardiomyopathien

Es gibt zahlreiche Erkrankungen, die neben anderen Organen auch das Herz schädigen und somit eine Kardiomyopathie verursachen. Auch einige Medikamente können eine Kardiomyopathie auslösen, beispielsweise manche Mittel gegen Krebs.

Die Ursachen einer sekundären Kardiomyopathien sind vielfältig und umfassen unter anderem:

  • Autoimmunerkrankungen (z.B. Sklerodermie, Systemischer Lupus erythematodes, Rheumatoide Arthritis)
  • Krankheiten, bei denen sich bestimmte Stoffe vermehrt im Herzmuskel anreichern (z.B. Amyloidose, Hämochromatose)
  • Entzündungen (z.B. Sarkoidose, Infektionen, die eine Herzmuskelentzündung hervorrufen)
  • Tumorerkrankungen beziehungsweise deren Behandlung (z.B. Bestrahlung, Chemotherapie)
  • Ausgeprägter Vitaminmangel (z.B. schwerer Vitamin-C-Mangel bei Skorbut oder schwerer Vitamin-B-Mangel bei Beriberi)
  • Erkrankungen, die primär das Nervensystem (z.B. Friedreich-Ataxie) und/oder Skelettmuskeln betreffen (z.B. Muskeldystrophie Duchenne)
  • Stoffwechselstörungen (z.B. Diabetes mellitus, schwere Schilddrüsenfunktionsstörungen)
  • Drogen, Vergiftungen (toxische Kardiomyopathie)

Erkennen Ärzte die Ursache der Kardiomyopathie, leiten sie umgehend deren Therapie ein. Sie beugen damit dem Fortschreiten der Erkrankung vor. Bei idiopathischen Kardiomyopathien lassen sich letzlich nur die Beschwerden lindern.

Kardiomyopathie: Untersuchung und Diagnose

Ergibt sich der Verdacht auf eine Kardiomyopathie, helfen verschiedene Untersuchungsmethoden, die Erkrankung und gegebenfalls ihre Ursachen zu erkennen.

Krankengeschichte und körperliche Untersuchung

Der Arzt befragt den Patienten zunächst zu seiner Krankengeschichte. Dazu stellt er verschiedene Fragen, etwa:

  • Welche Beschwerden liegen vor?
  • Wann treten sie auf?
  • Wie lange bestehen sie schon?

Da viele Kardiomyopathien teilweise erblich bedingt sind, erkundigt sich der Arzt nach ebenfalls erkrankten, nahestehenden Verwandten (Familienanamnese). Ihn interessiert auch, ob es plötzliche Herztod-Fälle in der Familie gegeben hat.

Bei der körperlichen Untersuchung achtet der Untersucher auf verschiedene Kardiomyopathie-Symptome. Manchmal liefert bereits das Abhören des Herzens erste Hinweise (Auskultation). Auch bestimmte Blutwerte (spezielle Eiweiße wie Antikörper und proBNP) helfen bei der Einschätzung eines möglichen Herzschadens.

Apparative Diagnostik

Spezielle medizinische Geräte spielen bei der Diagnose einer Kardiomyopathie eine entscheidende Rolle. Dazu gehören:

  • Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiographie), mit deren Hilfe man die Dicke und Beweglichkeit des Herzmuskels sowie Herzklappenerkrankungen feststellen kann. Mit dieser Technik können Ärzte auch messen, wie viel Blut aus der linken Herzkammer in den Körperkreislauf gepumpt wird.
  • Elektrokardiogramm (EKG), das die elektrische Aktivität des Herzens aufzeichnet. Es registriert Leitungsverzögerungen oder Herzrhythmusstörungen. Eine solche Messung ist auch über einen längeren Zeitraum (Langzeit-EKG) oder unter Belastung (Belastungs-EKG) möglich.
  • Herzkatheteruntersuchung: Dabei schiebt der Arzt über ein Gefäß einen dünnen Kunststoffschlauch bis ins Herz vor. Über den Schlauch kann er verschiedene Messungen durchführen, z.B. welche Drücke in den verschiedenen Herzabschnitten und den herznahen Blutgefäßen herrschen.
  • Biopsie des Herzmuskels: Im Rahmen der Herzkatheteruntersuchung kann man auch ein kleines Stück des Herzmuskels entnehmen und anschließend unter dem Mikroskop begutachten. So lässt sich eventuell erkennen, wie die Struktur des Herzmuskels verändert ist.
  • Bilder des Herzens mit Hilfe von Röntgen-, CT- oder MRT-Aufnahmen: Röntgenbilder liefern einen ersten Eindruck, mit der Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspin) lässt sich das Herz dann detaillierter darstellen.

Bei manchen Formen der Kardiomyopathie sind die Gene bekannt, deren Veränderung die Krankheit auslösen. Mit speziellen Gentests kann man einen Patienten auf solche Mutationen hin untersuchen.

Kardiomyopathie: Behandlung

Idealerweise erkennen Ärzte die Ursache einer Kardiomyopathie und behandeln sie entsprechend (kausale Therapie). Oft sind die auslösenden Faktoren aber nicht bekannt oder können nicht behandelt werden. In solchen Fällen versuchen Ärzte, die Beschwerden zu lindern (symptomatische Therapie).

Kausale Therapie der Kardiomyopathie

Bei einer kausalen Therapie verordnen Mediziner beispielsweise Medikamente. Sie beseitigen Infektionen, hemmen Autoimmunreaktionen und bremsen gestörte Stoffwechselvorgänge. Ein Vitaminmangel kann ausgeglichen werden. Weiteren Schäden durch eine virale Herzmuskelentzündung kann man durch konsequente körperliche Schonung vorbeugen.

Symptomatische Therapie der Kardiomyopathie

Oft können Ärzte bei einer Kardiomyopathie nur versuchen, Symptome zu lindern und mögliche Komplikationen zu verhindern. Dabei sind wichtige Therapiestrategien:

  • Auswirkungen einer Herzschwäche behandeln: Dafür setzten Mediziner verschiedene Medikamente wie Diuretika, ACE-Hemmer oder Beta-Blocker ein, die das Herz entlasten
  • Herzrhythmusstörungen verhindern: Hier helfen Medikamente wie Beta-Blocker und spezielle Antiarrhythmika.
  • Bildung von Blutgerinnseln im Herzen vorbeugen: Dazu dienen regelmäßig eingenommene Gerinnungshemmer.
  • Körperliche Belastungen in Maßen und nur in ärztlicher Rücksprache.

In manchen Fällen müssen Ärzte auch operieren. Dabei entfernen sie beispielsweise Teile des Herzmuskels (Myektomie). In einigen Fällen implantieren sie einen Herzschrittmacher oder Defibrillator. Als letzte Möglichkeit, wenn andere Behandlungen nicht mehr helfen, bleibt nur noch eine Herztransplantation.

Sport bei Kardiomyopathie

Ob und in welcher Form Sport bei einer Kardiomyopathie möglich ist, hängt von der Art und Schwere der Erkrankung ab.

Die Empfehlungen für körperliche Aktivität gehen je nach Erkrankung und individuellem Gesundheitszustand des Patienten weit auseinander. Manche Betroffene können nach ärztlicher Rücksprache Sportarten mit niedriger Intensität ausüben. Bei anderen Patienten ist das Risiko für einen plötzlichen Herztod so stark erhöht, dass ihnen körperliche Anstrengung gefährlich werden kann.

Bei einigen Kardiomyopathien ist noch nicht erforscht, welche Auswirkungen Sport auf den Krankheitsverlauf und die Prognose hat. Wissenschaftler untersuchen derzeit zum Beispiel wie sich Ausdauertraining bei Patienten mit Dilatativer Kardiomyopathie (DCM) auswirkt.

Bevor Patienten mit Herzmuskelerkrankung eine körperliche Aktivität beginnen, ist immer eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt notwendig, um unnötige Risiken zu vermeiden.

Lässt die Erkrankung leichte körperliche Aktivität zu, sollte der Patienten etwa dreimal in der Woche je 30 Minuten niedrig intensives Ausdauertraining absolvieren. Für Herzpatienten gut geeignete Sportarten sind zum Beispiel:

  • (zügiges) Spazierengehen
  • Walking oder Nordic Walking
  • Joggen
  • Fahrradfahren (in der Ebene) oder Ergometertraining
  • Wandern
  • Schwimmen

Alltagsaktivität steigern

Wer krankheitsbedingt keinen Ausdauersport betreiben kann, profitiert von mehr Bewegung im Alltag. Denn es muss nicht zwingend schweißtreibendes Workout sein, um die Herzgesundheit zu verbessern. Das klappt sogar nebenbei.

Nachfolgend finden Sie einige Tipps für einen aktiveren Lebensstil, die das Herz kaum belasten:

  • Gehen Sie kurze Strecken zu Fuß
  • Steigen Sie eine Station früher als normal aus öffentlichen Verkehrsmitteln aus und steigern Sie dadurch die zurückgelegte Strecke
  • Fahren Sie mit dem Rad zur Arbeit
  • Für Büroarbeiter: Arbeiten Sie ab und zu im Stehen
  • Nehmen Sie die Treppe statt des Aufzugs (wenn Ihre Herzerkrankung diese Belastung zulässt)
  • Nutzen Sie einen Schrittzähler, das Tracking motiviert zu mehr Bewegung

Doch auch für Alltagsaktivitäten gilt: Welches Maß an Bewegung Ihnen guttut und das Herz nicht überanstrengt, sollten Sie vorab Ihrem Kardiologen besprechen.

Kardiomyopathie: Krankheitsverlauf und Prognose

Kardiomyopathien sind meist schwere Erkrankungen. Nur selten kann man sie heilen und in vielen Fällen verschlechtert sich der Gesundheitszustand der Betroffenen stetig. Eine pauschale Aussage zur Lebenserwartung ist nicht möglich. Die Prognose hängt stark vom jeweiligen Typ und Stadium der Herzmuskelerkrankung ab.

Während Patienten mit einer mild ausgeprägten hypertrophen Kardiomyopathie eine nahezu normale Lebenserwartung haben, verlaufen die dilatative und die restriktive Kardiomyopathie weit schlechter. Ohne Herztransplantation stirbt ein großer Teil der Patienten in den ersten zehn Jahren nach der Diagnose.

Auch die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie hat keine gute Prognose. Ohne Therapie versterben etwa 70 Prozent der Betroffenen in den ersten zehn Jahren nach der Diagnose. Gelingt es aber, die Rhythmusstörungen zu unterdrücken, ist die Lebenserwartung bei dieser Form kaum eingeschränkt.

Manchmal bemerken Betroffene ihre Herzmuskelerkrankung ein Leben lang kaum oder gar nicht. Dann werden vor allem die plötzlichen Herzrhythmusstörungen der Kardiomyopathie gefährlich.

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autoren:
Marian Grosser
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Florian Tiefenböck hat Humanmedizin an der LMU München studiert. Im März 2014 stieß er als Student zu NetDoktor und unterstützt die Redaktion seither mit medizinischen Fachbeiträgen. Nach Erhalt der ärztlichen Approbation und einer praktischen Tätigkeit in der Inneren Medizin am Uniklinikum Augsburg ist er seit Dezember 2019 festes Mitglied des NetDoktor-Teams und sichert unter anderem die medizinische Qualität der NetDoktor-Tools.

ICD-Codes:
I43I42
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
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