Migräne

Von , Studentin der Humanmedizin
und , Medizinredakteurin
und , Medizinredakteurin und Biologin
Sophie Matzik

Sophie Matzik ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.

Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Bei Migräne leiden die Betroffenen unter meist einseitigen, starken Kopfschmerzattacken. Hinzu kommen oft Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Geräuschempfindlichkeit. In einigen Fällen kündigen Aura-Symptome die Attacken an - neurologische Symptome wie plötzliche Sehstörungen. Lesen Sie hier mehr über Migräne-Symptome, die verschiedenen Migräne-Formen sowie über Diagnose, Therapie und Prognose.

migräne

Kurzübersicht

  • Was ist Migräne? Kopfschmerzerkrankung mit wiederkehrenden, starken, meist einseitigen Schmerzattacken
  • Formen: u.a. Migräne ohne Aura (mit Unterformen wie rein menstruelle Migräne ohne Aura), Migräne mit Aura (z.B. Migräne mit Hirnstammaura, Hemiplegische Migräne, Rein menstruelle Migräne mit Aura), chronische Migräne, Migränekomplikationen (wie migränöser Infarkt)
  • Symptome: attackenartige, meist einseitige Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Lärmscheu; bei Migräne mit Aura auch neurologische Symptome wie Sehstörungen; seltener fehlen bei einer Migräneattacke die Kopfschmerzen
  • Ursachen: noch nicht vollständig bekannt; vermutet wird eine genetische Veranlagung, auf deren Basis verschiedene innere und äußere Faktoren ("Trigger") die Schmerzattacken auslösen
  • mögliche Auslöser/Trigger: z.B. Stress, bestimmte Nahrungs- und Genussmittel, gewisse Witterungsbedingungen, Hormonschwankungen (etwa im Zuge des Menstruationszyklus)
  • Diagnostik: Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese), körperliche und neurologische Untersuchung; ggf. Zusatzuntersuchungen (z.B. MRT)
  • Behandlung: Akuttherapie (Medikamente wie Schmerzmittel, Triptane, Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen; allgemeine Maßnahmen wie Ruhe); Maßnahmen zur Vorbeugung von Migräne-Attacken (z.B. Meiden von Triggerfaktoren, Entspannungsverfahren, Ausdauersport, ggf. Medikamente)
  • Prognose: nicht heilbar, Intensität und Häufigkeit der Anfälle aber reduzierbar; bessert sich oft mit dem Alter, verschwindet bei Frauen mitunter nach den Wechseljahren.

Migräne: Beschreibung

Bei Menschen, die unter Migräne leiden, treten in unregelmäßigen Abständen Kopfschmerzattacken auf. Meist betrifft der Schmerz nur eine Seite des Kopfes und wird von Betroffenen als pulsierend, hämmernd oder bohrend beschrieben. Bei körperlicher Anstrengung verstärkt er sich. Oft werden die Migränekopfschmerzen von verschiedenen weiteren Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen oder Sehstörungen begleitet.

Die Beschwerden im Akutfall können Betroffene in ihrem Alltag erheblich beeinträchtigen, besonders bei einer schweren Migräne. Die Dauer einer einzelnen Attacke beträgt zwischen 4 und 72 Stunden. Sie kann sich ebenso wie die Intensität der Beschwerden von Attacke zu Attacke unterscheiden. Auch die Häufigkeit der Migräne-Anfälle und die zeitlichen Abständen dazwischen können variieren.

Migräne stellt nach dem Spannungskopfschmerz die zweithäufigste Form von Kopfschmerzen dar. Laut einer Studie zur globalen Krankheitslast (Global Burden of Disease Survey) von 2016 ist sie die sechsthäufigste Erkrankung überhaupt.

Migräne-Formen

Die Internationale Kopfschmerzgesellschaft (International Headache Society, IHS) unterscheidet verschiedenste Migräne-Formen. Dazu gehören:

1. Migräne ohne Aura, mit drei Unterformen:

  • Rein menstruelle Migräne ohne Aura
  • Menstruations-assoziierte Migräne ohne Aura
  • Nicht-menstruelle Migräne ohne Aura

2. Migräne mit Aura, mit verschiedenen Unterformen wie...

  • Migräne mit typischer Aura (Unterformen: Typische Aura mit Kopfschmerzen und Typische Aura ohne Kopfschmerzen)
  • Migräne mit Hirnstammaura (früher: basiläre Migräne)
  • Hemiplegische Migräne
  • Retinale Migräne
  • Rein menstruelle Migräne mit Aura
  • Menstruations-assoziierte Migräne mit Aura
  • Nicht-menstruelle Migräne mit Aura

3. Chronische Migräne

4. Migränekomplikationen wie zum Beispiel...

5. Wahrscheinliche Migräne mit oder ohne Aura

6. Episodische Syndrome, die mit einer Migräne einhergehen können, zum Beispiel...

  • Wiederkehrende Magen-Darm-Störungen (z.B. Abdominelle Migräne)
  • Vestibuläre Migräne

Die Hauptformen sind Migräne ohne Aura und Migräne mit Aura.

Migräne-Patienten müssen nicht immer an ein und derselben Form von Migräne leiden. Beispielsweise kann jemand, der öfters Migräneattacken mit Aura erlebt, auch mal Attacken ohne Aura haben.

Im Folgenden finden Sie zu ausgewählten Migräneformen genauere Informationen:

Migräne ohne Aura

Die Migräne ohne Aura ist die häufigste Form von Migräne. Typisch für sie sind attackenartig auftretende, einseitige, pulsierende Kopfschmerzen von mittlerer bis starker Intensität. Sie verstärken sich durch körperliche Routineaktivitäten (Z.B. Gehen, Treppensteigen) und halten vier (bei Kindern und Jugendlichen zwei) bis 72 Stunden an. Begleitet werden sie von Übelkeit und/oder Licht- und Lärmempfindlichkeit.

Migräne ohne Aura bei menstruierenden Frauen

Bei wenigen Frauen treten diese Migräneattacken im Zusammenhang mit der Menstruation auf. Das erlaubt die Unterscheidung von Unterformen der Erkrankung. Bei allen sind die oben genannten Kriterien der "Migräne ohne Aura" erfüllt, aber zusätzlich gilt:

  • Rein menstruelle Migräne ohne Aura: Die Migräneattacken treten ausschließlich zwei Tage vor bis drei Tage nach Einsetzen der Regelblutung auf, und zwar in mindestens zwei von drei Menstruationszyklen. Der restliche Zyklus ist stets migränefrei.
  • Menstruationsassoziierte Migräne ohne Aura: Auch hier treten die Migräneattacken in mindestens zwei von drei Zyklen im Zeitfenster zwei Tage vor bis zwei Tage nach Menstruationsbeginn auf - zusätzlich können sie sich aber auch zu anderen Zeiten des Zyklus einstellen.

Migräneattacken, die während der Menstruation auftreten, sind im Allgemeinen von längerer Dauer und von stärkerer Übelkeit begleitet als Attacken außerhalb des Zyklus.

Bei menstruierenden Frauen mit Migräneattacken, welche die Kriterien der "Migräne ohne Aura" erfüllen, aber weder jene der rein menstruellen noch der menstruationsassoziierten Migräne ohne Aura, spricht man auch von nicht-menstrueller Migräne ohne Aura.

Experten sind sich noch nicht einig darüber, ob es sich bei "Rein menstrueller Migräne ohne Aura", "Menstruationsassoziierter Migräne ohne Aura" und "Nicht-menstrueller Migräne ohne Aura" tatsächlich um separate Migräneformen handelt oder nicht.

Migräne mit Aura

Diese früher auch "Migraine accompagnée" (von franz. accompagner = begleiten) genannte Migräneform ist viel seltener als die Migräne ohne Aura.

Als "Aura" bezeichnen Mediziner Sehstörungen und andere neurologische Symptome, die meistens der Kopfschmerzphase vorausgehen, aber auch zusammen mit dieser auftreten können. Manchmal bleibt es auch nur bei der Aura allein - ohne begleitenden oder nachfolgenden Migränekopfschmerz (Unterform "Typische Aura ohne Kopfschmerz", früher auch "Migraine sans migraine" genannt).

Die Aurasymptome zeigen sich nur auf einer Kopfseite, entwickeln sich allmählich und halten über Minuten (oft auch bis zu einer Stunde) an. Danach bilden sie sich vollständig wieder zurück. Typische Aurasymptome, die einzeln oder in Kombination auftreten können, sind:

  • Sehstörungen (wie Lichtblitze, Flimmern, Sehen von gezackten Linien, Gesichtsfeldausfall = Skotom) - sind die häufigsten Symptome einer Migräneaura
  • Sprachstörung (Aphasie)
  • Missempfindungen (Sensibilitätsstörungen) wie Taubheitsgefühl oder Kribbeln (z.B. in einem Arm)
  • unvollständige Lähmungen (Paresen)
  • Schwindel

Aura oder Schlaganfall?

Für medizinische Laien sind die Symptome, die in der Auraphase auftreten, kaum von denen eines Schlaganfalls zu unterscheiden. Ein wichtiges Merkmal der Aura ist aber, dass die Symptome eher schleichend beginnen und langsam an Intensität zunehmen. Beim Schlaganfall dagegen setzen Symptome wie Sehstörungen und Missempfindungen meist plötzlich ein.

Die Symptome der Migräneaura sind außerdem vorübergehend und hinterlassen im Gegensatz zu einem Schlaganfall keine bleibenden Schäden.

Im Krankenhaus kann mithilfe einer Computertomografie (CT) oder einer Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT) genau festgestellt werden, ob es sich um einen Schlaganfall oder um Migräne - genauer um Symptome einer Aura - handelt.

Migräne mit Aura bei menstruierenden Frauen

Analog zur Migräne ohne Aura kann man auch bei der Migräne mit Aura, die bei menstruierenden Frauen auftritt, die drei Unterformen "Rein menstruelle Migräne mit Aura", "Menstruationsassoziierte Migräne mit Aura" und "Nicht-menstruelle Migräne mit Aura" (siehe oben) unterscheiden.

Migräne mit Hirnstammaura

Die Migräne mit Hirnstammaura ist eine Form von Migräne mit Aura, bei der sich die Aurasymptome eindeutig dem Hirnstamm zuordnen lassen. Motorische und Netzhautsymptome treten fehlen dagegen.

Symptome der Hirnstammaura können sein:

  • Sprechstörung (Dysarthrie)
  • Schwindel (keine Benommenheit!)
  • Ohrgeräusche (Tinnitus)
  • Hörminderung
  • Doppelbilder (kein Verschwommensehen!)
  • Störung der Bewegungskoordination (Ataxie)
  • Bewusstseinsstörung

Die Migräne mit Hirnstammaura wurde früher basiläre Migräne, Basilarismigräne, Migräne von Basilaristyp oder Basilararterienmigräne genannt. Hintergrund war die Annahme, dass hier die Basilararterie (eine wichtige Hirnarterie) an der Entstehung der Attacken beteiligt ist. Das gilt mittlerweile aber als unwahrscheinlich, weshalb heute der Begriff "Migräne mit Hirnstammaura" bevorzugt wird.

Hemiplegische Migräne

Ebenfalls eine Form von "Migräne mit Aura" ist die hemiplegische Migräne (auch "komplizierte Migräne" genannt). Charakteristisch ist hier motorische Schwäche als Teil der Aura. Zusätzlich treten Symptome im Bereich des Sehens, der Sensibilität und/oder der Sprache bzw. des Sprechens auf.

Die motorische Schwäche bei einer hemiplegischen Migräneattacke bildet sich meist vor Ablauf von 72 Stunden vollständig zurück. Manchmal kann sie aber auch wochenlang bestehen bleiben.

Der Begriff "Hemiplegie" bezeichnet eigentlich eine vollständige Lähmung in einer Körperhälfte. Bei den meisten Attacken einer Hemiplegischen Migräne tritt aber keine solche Lähmung, sondern eine motorische Schwäche auf.

Unterformen

Eine Sporadische hemiplegische Migräne (SHM) liegt bei Patienten vor, bei denen kein Verwandter ersten oder zweiten Grades (z.B. Mutter, Kind, Großvater, Bruder) ebenfalls unter dieser Migräneform leidet.

Wenn dagegen mindestens zwei Verwandte ersten oder zweiten Grades Migräneauren mit motorischer Schwäche aufweisen, diagnostizieren Ärzte eine Familiäre hemiplegische Migräne (FHM).

Selten treten während einer FHM-Attacke noch andere Symptome als die bekannten auf: Bewusstseinsstörungen (bis hin zu Koma), Verwirrung, Fieber und eine erhöhte Zellzahl in der Hirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquorpleozytose). Zudem kommt es in etwa der Hälfte aller Familien mit FHM unabhängig von den Migräneattacken zu einer chronischen progressiven zerebellären Ataxie (chronische fortschreitende Störung der Bewegungskoordination, deren Ursache im Kleinhirn liegt).

Retinale Migräne

Die retinale Migräne (Netzhautmigräne) ist selten. Sie ist gekennzeichnet durch wiederholte Anfälle von einseitigen Sehstörungen wie Flimmern vor den Augen, Gesichtsfeldausfall (Skotom) oder - ganz selten - vorübergehender Blindheit. Zusätzlich ist bei dieser Migräne der Augen mindestens eines der folgenden drei Kriterien erfüllt:

  • Die Symptome entwickeln sich allmählich über fünf oder mehr Minuten hinweg.
  • Sie halten fünf Minuten bis eine Stunde lang an.
  • Begleitend oder innerhalb von 60 Minuten treten auch Migränekopfschmerzen auf.

Diese Augen-Migräne ist also nicht zwangsläufig mit Migränekopfschmerzen verbunden - es können auch nur die beschriebenen Sehstörungen allein auftreten.

Keine Migräne: Ophthalmologische Migräne

Wenn es um eine Augenmigräne geht, fällt auch oft der Begriff "Ophthalmoplegische Migräne" (Ophthalmoplegie = Augenmuskellähmung). Dieser alte Name steht für eine Erkrankung, die von der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft inzwischen nicht mehr als Migräneform eingestuft, sondern zur Gruppe der Neuropathien & Gesichtsschmerzen gezählt wird. Sie trägt heute den Namen "Rezidivierende schmerzhafte ophthalmoplegische Neuropathie".

Bei den Betroffenen kommt es wiederholt zu Lähmungsattacken an einem oder mehreren für Augenmuskelbewegungen zuständigen Hirnnerven (am häufigsten am 3. Hirnnerv) mit einseitigen Kopfschmerzen.

Einigen Untersuchungsdaten zufolge können die Kopfschmerzen auch bis zu 14 Tage vor der Augenmuskellähmung auftreten.

Chronische Migräne

Hat jemand über mehr als drei Monate an mindestens 15 Tagen pro Monat Kopfschmerzen* und haben diese an mindestens acht Tagen pro Monat die Merkmale von Migränekopfschmerzen, diagnostiziert der Arzt eine Chronische Migräne. Sie kann sich aus einer Migräne ohne Aura und/oder Migräne mit Aura entwickeln.

* Gemeint sind migräneartige und spannungstypartige Kopfschmerzen, aber nicht sekundäre Kopfschmerzen - also nicht solche, die auf eine andere Erkrankung oder äußere Einflüsse zurückzuführen sind (z.B. Kopfverletzung, Infektion wie Grippe oder Hirnhautentzündung, Bluthochdruck, Verspannung der Nackenmuskulatur, Alkohol bzw. Alkoholentzug, Schlaganfall, Hirntumor, Hitzschlag).

Status migraenosus

Der Status migraenosus (Status migränosus) ist eine Migränekomplikation, die sowohl bei einer Migräne mit Aura als auch einer Migräne ohne Aura auftreten kann. Die Betroffenen erleiden eine Migräneattacke, die länger als 72 Stunden anhält und bei der die Kopfschmerzen und/oder die damit verbundenen Symptome den Betroffenen stark beeinträchtigen.

Migränöser Infarkt

Diese Migränekomplikation kann bei einer Migräne mit Aura auftreten. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass eines oder mehrere der Aura-Symptome länger als 60 Minuten andauern. Zudem zeigt eine bildgebende Untersuchung des Gehirns eine Minderdurchblutung in einem relevanten Hirnareal. Durch diese Minderdurchblutung werden die Gehirnzellen im betroffenen Bereich nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt - sie können nicht mehr arbeiten und sterben ab (ischämischer Infarkt).

Epileptischer Anfall, durch Migräneaura getriggert

Eine weitere mögliche Komplikation der Migräne mit Aura ist ein epileptischer Anfall, der während oder innerhalb einer Stunde nach einer Migräneattacke mit Aura auftritt. Manchmal wird diese seltene Migränekomplikation auch Migralepsie genannt.

Wiederkehrende Magen-Darm-Störungen

Wiederkehrende Magen-Darm-Störungen (Rezidivierende gastrointestinale Störungen) sind eine weitere Migräne-Kategorie. Die Betroffenen haben immer wieder Attacken von Bauchschmerzen und/oder Bauchbeschwerden und/oder Übelkeit und/oder Erbrechen. Diese Attacken treten unregelmäßig, chronisch oder in absehbaren Zeitabständen auf und können mit einer Migräne in Verbindung stehen. Die Symptome lassen sich nicht durch eine andere Erkrankung erklären.

Eine Unterform ist die Abdominelle Migräne, die vorwiegend Kinder betrifft. Es treten hier wiederkehrend unerklärliche, mäßige bis schwere Bauchschmerzattacken auf, die zwei bis 72 Stunden anhalten. Sie gehen mit mindestens zwei der folgenden Symptome einher: Appetitlosigkeit, Blässe, Übelkeit, Erbrechen. Kopfschmerzen treten während dieser Attacken nicht auf. In der Zeit zwischen zwei Attacken sind die Betroffenen beschwerdefrei.

Vestibuläre Migräne

Die vestibuläre Migräne kann bei Menschen auftreten, die aktuell oder früher an Migräne mit oder ohne Aura leiden/litten. Das "vestibulär" bezieht sich hier auf den Vestibularapparat - das im Innenohr liegende Gleichgewichtsorgane. Demnach spielen bei dieser Migräneform vestibuläre Symptome eine zentrale Rolle.

Dazu zählt zum Beispiel spontaner Schwindel, bei dem man das trügerische Gefühl hat, man selbst sei in Bewegung (innerer Schwindel) oder das, was man um sich herum sieht, würde sich drehen oder fließen (äußerer Schwindel). Auch Lagerungsschwindel ist ein Beispiel für ein vestibuläres Symptom - ebenso wie eine durch Kopfbewegung ausgelöste Benommenheit mit Übelkeit (Benommenheit im Sinne von gestörter räumlicher Orientierung).

Bei Menschen mit vestibulärer Migräne treten solche Symptome in Episoden auf, die fünf Minuten bis 72 Stunden andauern, und sind von mittlerer bis schwerer Intensität. Mindestens die Hälfte dieser Episoden geht mit mindestens einem der drei folgenden migränösen Merkmale einher:

  • Kopfschmerzen mit mindestens zwei der folgenden vier Charakteristika: einseitig lokalisiert, pulsierend, mittelschwere bis schwere Intensität, Verschlechterung durch körperliche Routineaktivitäten
  • Abneigung gegen Licht und Geräusche (Photophobie und Phonophobie)
  • visuelle Aura (also Sehstörungen wie Lichtblitze)

Alte Bezeichnungen der vestibulären Migräne sind Migräne-assoziierter Schwindel, migränebedingte Vestibulopathie und migränöser Schwindel.

Überschneidungen mit Innenohr-Erkrankung

Zwischen vestibulärer Migräne und der Innenohr-Erkrankung Morbus Menière gibt es Überschneidungen. Da letztere sich in frühen Stadien manchmal ausschließlich mit vestibulären Symptomen (wie Schwindel) bemerkbar macht, kann die Abgrenzung zu vestibulärer Migräne schwierig sein.

Es gibt auch viele Patienten, die Kennzeichen beider Erkrankungen aufweisen. Bislang ist unklar, in welcher Beziehung zueinander die Krankheitsmechanismen von vestibulärer Migräne und Morbus Menière stehen.

Migräne bei Kindern

Bei Kindern treten Migräne-Kopfschmerzen oft beidseitig auf und betreffen vor allem Stirn und Schläfe. Es gibt aber noch andere Unterschiede zur Migräne bei Erwachsenen:

Bei Kindern sind die Migräne-Kopfschmerzen oft weniger ausgeprägt oder fehlen ganz. Dafür treten bei Kindern als Begleitsymptome der Migräne Schwindel, Gleichgewichtsstörungen und Geruchsempfindlichkeit deutlich öfter auf als bei Erwachsenen. Auch Symptome wie Teilnahmslosigkeit, Müdigkeit, Blässe, Schwindel, Bauchschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen sind bei Kindern mit Migräne verbreiteter.

Diese abweichende Beschwerdebild führt dazu, dass eine Migräne bei Kindern oft lange nicht erkannt wird. Erschwerend kommt bei kleinen Kindern hinzu, dass diese ihre Beschwerden noch nicht adäquat äußern können.

Oft Stress als Auslöser

Auslöser von Migräne ist bei Kindern sehr oft Stress. Dieser kann körperlich bedingt sein, beispielsweise aufgrund von Übermüdung, Erschöpfung, Reizüberflutung, mangelnder Flüssigkeitszufuhr oder zu wenig Essen. Ebenso können seelische Belastungen wie Konflikte im Elternhaus oder Streit mit Mitschülern bei Kindern Migräne-Attacken auslösen.

Wenig Medikamente

Auch die Behandlung der Migräne läuft bei Kindern etwas anders ab als bei Erwachsenen. Der Fokus liegt hier auf einer nicht-medikamentösen Therapie. Dazu gehören ein möglichst regelmäßiger Tagesablauf, das Erlernen eines Entspannungsverfahrens oder Biofeedback. Solche Maßnahmen wirken bei Kindern oft sehr gut.

Wenn unterstützend Medikamente notwendig sind, verordnen Ärzte Kindern häufig andere Präparate als erwachsenen Patienten.

Ausführliche Informationen zu diesem Thema finden Sie im Beitrag Migräne bei Kindern.

Migräne: Symptome

Das wichtigste Migräne-Symptom sind starke, meist einseitige Kopfschmerzen. Daneben treten weitere Beschwerden wie Lichtscheu oder Lärmscheu auf. Außerdem können verschiedene neurologische Ausfälle (auch als Aura bezeichnet) den Migränekopfschmerz ankündigen oder begleiten. Nur selten fehlen bei einer Migräne die Kopfschmerzen.

Migräne-Symptome in vier Phasen

Eine Migräne kann in bis zu vier verschiedene Stadien mit unterschiedlichen Symptomen eingeteilt werden. Sie können sich in jeder Phase von Patient zu Patient unterschiedlich stark äußern. Außerdem durchläuft nicht jede Migräne-Attacke alle Phasen. Die vier Stadien sind:

  • Vorphase (Prodromalstadium)
  • Aura-Phase
  • Kopfschmerzphase
  • Rückbildungsphase

Symptome in der Migräne-Vorphase (Prodromalphase)

Manchmal zeigen sich Stunden bis zwei Tage vor einer Migräne Anzeichen, die den kommenden Anfall ankündigen. Dazu gehören beispielsweise:

Migräne-Symptome in der Aura-Phase

Manchmal ist eine Migräne mit Aura-Symptomen verbunden, die der Kopfschmerzphase vorausgehen oder zugleich mit dieser auftreten. Experten unterscheiden folgende Arten von Aura-Symptomen:

visuelle Symptome: Solche Sehstörungen sind die häufigsten Aura-Symptome. Oft sehen die Betroffenen eine gezackte Figur, die in ihrer Form an frühere Festungsanlagen (Forts) erinnern und daher Fortifikation genannt wird. Die Zickzack-Figur breitet sich langsam nach rechts oder links aus. Während die Randzone flimmert, kann im Zentrum ein Gesichtsfeldausfall (Skotom) auftreten - also ein schwarzer oder grauer "Fleck". Im betroffenen Bereich des Sichtfeldes kann der Patient Objekte entweder gar nicht (absolutes Skotom) oder nur abgeschwächt (relatives Skotom) wahrnehmen.

Ein Gesichtsfeldausfall kann bei einer Migräneaura auch ohne gezackte Linien oder Figuren auftreten.

sensorische Symptome: Nach Sehstörungen treten Sensibilitätsstörungen in Form nadelstichartiger Missempfindungen (Parästhesien) das zweithäufigste Aura-Symptom. Diese Missempfindungen breiten sich langsam vom Ursprungsort ausgehend aus und können schließlich einen mehr oder weniger großen Teil einer Körperhälfte betreffen (einschließlich etwa der Zunge).

Symptome im Hinblick auf das Sprechen und/oder die Sprache

motorische Symptome: Seltener (etwa bei Familiärer hemiplegischer Migräne) geht die Aura mit Störungen der Bewegung einher. Die Betroffenen berichten von einer Schwäche bzw. Lähmung etwa in einem Arm.

Hirnstamm-Symptome: Sie sind typische Anzeichen der Migräne mit Hirnstammaura (siehe oben). Es zählen dazu etwa Ohrgeräusche (Tinnitus), Doppeltsehen, Sprach- und Bewusstseinsstörungen. Auch bei Familiärer hemiplegischer Migräne zeigen sich sehr oft Hirnstammsymptome während der Auraphase.

retinale Symptome: Bei der Retinalen Migräne umfasst die Aura Netzhautsymptome wie plötzliches Flimmern vor den Augen, Gesichtsfeldausfall bis hin zu Erblindung.

Wenn bei einer Migräneattacke zwei oder mehr Aurasymptome auftreten, dann meist aufeinanderfolgend und nicht zugleich. Beispielsweise können sich zuerst visuelle Symptome entwickeln, dann Sensibilitätsstörungen und anschließend Sprachstörungen.

Migräne-Symptome in der Kopfschmerzphase

Die Dauer der Migräne-Kopfschmerzen variiert zwischen einigen Stunden und bis zu drei Tagen. Der Zeitraum kann sich von Anfall zu Anfall immer wieder verändern.

starker, einseitiger Kopfschmerz: Hauptsymptom der Migräne ist der attackenartig auftretende, oft starke Kopfschmerz, der meist nur eine Kopfseite betrifft. Er äußert sich individuell in verschiedenen Kopfregionen, meist aber hinter der Stirn, an den Schläfen oder hinter den Augen. Betroffene beschreiben ihn oft als pulsierend, bohrend oder hämmernd. Typischerweise nimmt die Intensität der Kopfschmerzen im Laufe von Stunden langsam zu.

Einseitige Migränekopfschmerzen können während einer Attacke oder von Attacke zu Attacke die Kopfseite wechseln.

Übelkeit und Erbrechen: Häufige Begleitsymptome bei Migräne sind Übelkeit und Erbrechen. Wissenschaftler vermuten den Grund dafür im gestörten Serotoninhaushalt bei vielen Betroffenen. Serotonin ist ein Botenstoff (Transmitter) im Körper, der sowohl im Gehirn als auch im Magen-Darm-Trakt und in vielen anderen Bereichen des Körpers wirkt.

Überempfindlichkeit gegenüber Licht und Geräuschen: Während eines akuten Migräne-Anfalls reagieren viele Betroffene extrem sensibel auf helles Licht und laute Geräusche. Der Grund dafür ist bislang nicht sicher geklärt. Jedenfalls sollten sich Betroffene während eines akuten Anfalls möglichst in einen ruhigen und abgedunkelten Raum zurückziehen.

Verstärkung durch Aktivität: Migräne-Symptome können durch körperliche Aktivität verstärkt werden, was etwa bei Spannungskopfschmerzen - der häufigsten Art von Kopfschmerzen - nicht der Fall ist. Selbst bei mäßiger Bewegung wie Treppensteigen oder dem Tragen von Einkaufstüten können sich bei Migräne Kopfschmerzen und Unwohlsein verschlimmern.

Migräne-Symptome in der Rückbildungsphase

In der Rückbildungsphase klingen die Migräne-Symptome allmählich ab. Viele Betroffene fühlen sich müde, erschöpft und reizbar. Konzentrationsstörungen, Schwäche und Appetitlosigkeit können noch Stunden nach der Migräneattacke anhalten. In seltenen Fällen erleben Patienten nach einer Migräneattacke eine Art Euphorie. Bis zur vollständigen Erholung können weitere 12 bis 24 Stunden vergehen.

Daran erkennt man Migräne
Mirgäne
Kopfschmerzen bei Migräne treten meist halbseitig auf

Migräne-Symptome ernst nehmen

Grundsätzlich gilt: Wer häufiger Migräne-Symptome hat, sollte zum Arzt gehen. Dieser kann effektive Maßnahmen zur Behandlung und Vorbeugung der Migräne empfehlen.

In einigen Fällen stellt sich auch heraus, dass die Symptome gar nicht auf eine Migräne zurückzuführen sind, sondern auf eine andere Erkrankung - etwa einer Gefäßmissbildung (Aneurysma) oder einem Tumor im Gehirn. Diese muss man unbedingt frühzeitig behandeln!

Migräne: Ursachen

Die genauen Ursachen der Migräne und die zugrundeliegenden Krankheitsmechanismen sind noch nicht vollständig aufgeklärt. Experten vermuten bei den Betroffenen eine genetische Veranlagung (Disposition) - nicht selten tritt Migräne ja familiär gehäuft auf. Auf Basis dieser genetischen Neigung soll es dann im Zusammenspiel mit verschiedenen inneren oder äußeren Faktoren (Triggern) zu den Migräneattacken kommen.

Genetische Veranlagung

Der Migräne liegt nach Expertenmeinung im Allgemeinen eine polygenetische Veranlagung zugrunde: Veränderungen (Mutationen) in mehreren Genen erhöhen das Migränerisiko. Manche dieser Gene sind an der Regulierung der neurologischen Schaltungen im Gehirn beteiligt.

Andere werden mit der Entstehung von oxidativem Stress (erhöhte Konzentration an aggressiven, zellschädigenden Sauerstoffverbindungen) in Verbindung gebracht. Über welche biologischen Mechanismen diese Genmutationen genau eine Migräne begünstigen, ist bislang aber noch nicht geklärt.

Ausnahme Familiäre hemiplegische Migräne

Die Familiäre hemiplegische Migräne (FHM) basiert nicht auf Genveränderungen in mehreren Genen, sondern nur in einem einzigen Gen - es handelt sich hierbei also um eine monogenetische Erkrankung. Je nach dem betroffenen Gen unterscheidet man vier Unterformen der FHM:

  • FHM1: Von Mutationen betroffen ist hier das Gen CACNA1A auf Chromosom 19.
  • FHM2: Hier ist das Gen ATP1A2 auf Chromosom 1 mutiert.
  • FHM3: Ihr liegen Mutationen im SCN1A-Gen auf Chromosom 2 zugrunde.
  • Dann gibt es Fälle, in denen eine FHM naheliegt, sich jedoch keine Mutationen in den genannten Genen nachweisen lassen. Sie basieren vermutlich auf Mutationen in bislang noch nicht identifizierten Genorten (Genloci), glauben Experten.

Die genannten Gene enthalten die Anleitung für Komponenten verschiedener Ionenkanäle. Das sind große Proteine in den Zellmembranen, die elektrisch geladenen Teilchen (Ionen) die Passage durch die Membran ermöglichen.

Migräne-Auslöser (Trigger)

Verschiedene Migräne-Auslöser können bei entsprechender genetischer Veranlagung eine Migräne-Attacke auslösen. Welche Faktoren im Einzelfall eine Attacke "triggern", ist individuell verschieden. Einige Beispiele:

Stress: Ein häufiger Migräne-Auslöser ist Stress im privaten oder beruflichen Umfeld, z.B. Konflikte in der Familie, am Arbeitsplatz oder in der Schule, Arbeitsplatzwechsel, hoher Termindruck, Überforderung im Job oder in der Schule.

Veränderungen im Schlaf-Wach-Rhythmus: Sie können eine Stressreaktion im Körper hervorrufen und so zum Migräne-Auslöser werden. Betroffen sind zum Beispiel Menschen mit Schichtarbeit oder Fernreisende. Auch nach einer sehr unruhigen Nacht ist das Risiko für einen Migräne-Anfall erhöht.

Reizüberflutung: Wenn beispielsweise eine Mutter im Homeoffice arbeitet und gleichzeitig auf ihr spielendes Kind aufpasst, während der Fernseher läuft und das Mittagessen am Herd köchelt, kann es passieren, dass ihr Gehirn diese vielen Eindrücke nicht mehr klar trennen kann - es ist gestresst und überfordert, was eine Migräne-Attacke zur Folge haben kann.

Wetter/Wetterwechsel: Es gibt kein bestimmtes "Migräne-Wetter", das bei allen Patienten die Attacken hervorruft. Viele Migräniker reagieren aber empfindlich auf schwül-warme Gewitterluft, starken Sturm, Föhn oder sehr helles Licht an einem wolkenlosen Tag. Bei manchen wiederum löst Kälte Migräneattacken aus. Oder Klima-Umstellungen durch Reisen (und damit verbundene Anstrengungen) können Migräne hervorrufen.

bestimmte Lebens- und Genussmittel: Manche Menschen reagieren auf bestimmte Lebens- und Genussmittel (wie Zitrusfrüchte, Bananen, Käse, Schokolade, Rotwein, Nikotin) mit einem Migräne-Anfall. Warum, ist noch nicht genau geklärt. Bei einigen Produkten wie Bananen oder bestimmten Käsesorten hat man Tyramin im Verdacht. Das ist ein Abbauprodukt von Eiweißbausteinen (Aminosäuren), das unter anderem die Ausschüttung des Botenstoffes Noradrenalin anregt. Dieser wirkt stark gefäßverengend - auch lokal im Gehirn. Dies könnte der Grund für eine Migräne-Attacke nach dem Genuss von tyraminhaltigen Lebensmitteln sein.

Häufig setzen Migräne-Anfälle auch dann ein, wenn man zu wenig gegessen hat (durch Unterzuckerung).

hormonelle Veränderungen: Geschlechtshormone haben einen starken Einfluss auf Migräne-Anfälle. So sind im Kindesalter Mädchen und Jungen noch etwa gleich häufig von Migräne betroffen. Mit der Pubertät aber verschiebt sich das Verhältnis: Frauen leiden deutlich häufiger daran als Männer - vielfach im Zusammenhang mit der Menstruation. So löst der Abfall des Östrogen-Spiegels vor Beginn der Regelblutung bei manchen Frauen eine Migräne-Attacke aus. Darüber hinaus können hormonelle Verhütungsmittel ("Pille") ebenfalls Migräne auslösen.

Migräne-Tagebuch entlarvt Triggerfaktoren

Um Ihre persönlichen Triggerfaktoren herauszufinden, sollten Sie ein Migräne-Tagebuch führen. Folgende Dinge sollten Sie dort dokumentieren:

  • Tageszeit, Dauer und Stärke der Migräne-Attacken
  • eventuelle Aura-Symptome
  • eventuelle sonstige Begleiterscheinungen
  • konsumierte Getränke und Speisen vor Beginn einer Migräne-Attacke
  • körperliche Anstrengungen oder Stress vor einer Migräne-Attacke
  • sonstige besondere Ereignisse vor einer Migräne-Attacke (z.B. lange Flugreise, Saunabesuch)
  • Zeitpunkt und Dauer der Menstruation
  • Hormoneinnahme
  • angewendete Medikamente gegen die Migräne-Attacken (Wirkstoff, Dosis, hilfreich oder nicht)

Oftmals lassen sich anhand dieser Aufzeichnungen dann ein Muster erkennen und persönliche Migräne-Trigger identifizieren - etwa, wenn man bevorzugt nach einem langen, anstrengenden Arbeitstag oder nach dem Genuss von Alkohol einen Migräne-Anfall bekommt.

Es gibt auch vorgefertigte Kopfschmerz-Kalender für jeweils einen Monat, in denen sich die genannten Informationen notieren lassen - erhältlich etwa als Download bei NetDoktor sowie bei Migräne/Kopfschmerzgesellschaften:

Migräne: Was passiert im Kopf?

Wie erwähnt sind nicht nur die Migräne-Ursachen, sondern auch die zugrunde liegenden Krankheitsmechanismen noch nicht im Detail bekannt. Es gibt aber Hypothesen beziehungsweise Theorien darüber, was bei einer Migräne im Kopf passiert.

Wie entsteht der Migräne-Kopfschmerz?

Die derzeit führende Theorie zur Entstehung einer Migräne geht davon aus, dass der attackenartige Kopfschmerz das Ergebnis einer Aktivierung des sogenannten trigeminovaskulären Systems ist. Das ist ein Netzwerk aus Nerven, die mit den Blutgefäßen im Gehirn in Verbindung stehen und an der Schmerzverarbeitung beteiligt ist. So stellt man sich den Ablauf vor:

  • Nozizeptive (auf Schmerzreize spezialisierte) Nervenfasern in den Hirnhäuten (Meningen) werden aktiviert - möglicherweise durch Signale aus dem Hypothalamus.
  • Die aktivierten Nervenfasern schütten Neuropeptide aus (= kleine Eiweiße, die von Nervenzellen als Botenstoffe freigesetzt werden). Infolgedessen entstehen kleinere Entzündungen und die Blutgefäße der Hirnhäute weiten sich. Dabei hat nach aktuellem Kenntnisstand der Botenstoff CGRP (Calcitonin Gene-Related Peptide) eine tragende Rolle.
  • Die Schmerzsignale werden entlang der Verzweigungen des Trigeminusnervs (5. Hirnnerv) von den Hirnhäuten und großen Hirnarterien zum sogenannten Trigeminalganglion (Ganglion trigeminale) geleitet. Dieser "Nervenknoten" ist die Teilungsstelle des Trigeminusnervs - also jene Stelle, wo dieser sich in seine drei Hauptäste aufspaltet (Augenhöhlen-, Oberkiefer- und Unterkiefernerv), die sich dann ihrerseits verzweigen.
  • Vom Trigeminalganglion aus wandern die Signale zum Hirnstamm und von dort zum Thalamus.
  • Anschließend gelangen die Signale unter anderem weiter in die Großhirnrinde, wodurch man dann die Schmerzen wahrnimmt.

Wie entsteht die Migräne-Aura?

Im Hinblick auf die Entstehung der Migräne-Aura gehen heute viele Experten von einer sogenannten "Streudepolarisation" (engl. "spreading depression" oder "cortical spreading depression") aus:

Es beginnt mit einer anhaltenden Erregung (Depolarisation) von Nervenzellen in einem Hirnbereich, die sich dann wie eine Welle in andere Areale fortsetzt. Dort nimmt die Nervenaktivität ab - Aurasymptome entstehen.

Migräne: Untersuchungen und Diagnose

Wenn Sie den Verdacht haben, unter Migräne zu leiden, ist zunächst Ihr Hausarzt der richtige Ansprechpartner. Möglicherweise wird er Sie an einen Neurologen oder einen auf Kopfschmerzen spezialisierten Mediziner überweisen.

Besonders wichtig ist es, die Migräne gegen andere Kopfschmerztypen und andere Erkrankungen abzugrenzen, da diese anders behandelt werden müssen. Ähnliche Symptome wie bei einer Migräne können zum Beispiel bei Spannungskopfschmerzen und Clusterkopfschmerz auftreten. Ebenso muss der Arzt andere Erkrankungen als Ursache der Schmerzattacken wie Tumore, Entzündungen oder Verletzungen im Kopfbereich ausschließen.

Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese)

Der Arzt wird Sie zunächst zu Ihren Beschwerden und eventuellen Vorerkrankungen befragen, um Ihre Krankengeschichte zu erstellen (Anamnese). Dabei ist es wichtig, dass Sie Ihre Symptome und deren Verlauf möglichst genau schildern. Häufige Fragen des Arztes im Anamnesegespräch sind zum Beispiel:

  • Wie oft haben Sie die Schmerzanfälle?
  • Wo genau spüren Sie die Schmerzen?
  • Wie fühlen sich die Schmerzen an (z.B. pulsierend, klopfend, stechend)?
  • Wird der Kopfschmerz durch körperliche Anstrengung schlimmer?
  • Treten die Schmerzen im Zusammenhang mit bestimmten Ereignissen (Schlafmangel, Alkoholgenuss, Menstruation etc.) auf?
  • Litten oder leiden in Ihrer Familie auch andere Mitglieder regelmäßig oder häufiger an Kopfschmerzen?
  • Nehmen Sie Medikamente ein, beispielsweise gegen die Kopfschmerzen oder aus anderen Gründen? Wenn ja, welche?

Wenn Sie vor dem Arztbesuch eine Zeit lang ein Migräne-Tagebuch oder einen Migränekalender (siehe oben) führen, können Sie solche Fragen besonders gut beantworten. Möglicherweise sieht sich der Arzt auch selbst Ihre Aufzeichnungen an.

Besonders die Frage zur Medikamenteneinnahme sollten Sie präzise beantworten. Manchmal sind Kopfschmerzen nämlich die Folge einer zu häufigen oder langen Einnahme von Medikamenten (z.B. Kopfschmerzmitteln). Mediziner sprechen hierbei von einem medikamenteninduzierten Kopfschmerz.

Körperliche und neurologische Untersuchung

Grundsätzlich erfordert die Abklärung von Kopfschmerzen eine körperliche Untersuchung. Unter anderem wird der Arzt dabei Ihren Blutdruck messen, die Beweglichkeit Ihrer Halswirbelsäule prüfen und testen, ob Drücken und Klopfen am Schädeldach schmerzhaft sind.

Wichtig ist zudem eine Überprüfung der Funktion Ihres Nervensystems. Dazu wird der Arzt etwa die Sensibilität Ihrer Haut sowie Ihre Muskelkraft testen und prüfen, ob Ihr Gleichgewichtssinn normal funktioniert. Außerdem achtet er auf eventuelle Auffälligkeiten an den Augen, zum Beispiel eine veränderte Pupillenreaktion oder eine Bewegungsstörung der Augenmuskeln.

Bei einer Migräne sind solche Untersuchungen außerhalb eines akuten Anfalls normalerweise unauffällig. Wenn nicht, gibt es möglicherweise eine andere Ursache für die Kopfschmerzen.

Weiterführende Untersuchungen

Oftmals genügen bereits die Anamnese und die körperlich-neurologische Untersuchung, um eine Migräne zu diagnostizieren. Nur in bestimmten Fällen sind Zusatzuntersuchungen notwendig - beispielsweise eine Bildgebung des Kopfes mittels Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT). Sie kann beispielsweise angezeigt sein, wenn:

  • eine Migräne erstmals im Alter von über 40 Jahren auftritt,
  • eine bisher wirksame Therapie nicht mehr anschlägt,
  • der Kopfschmerzcharakter sich verändert oder
  • sich außergewöhnliche Symptome zeigen.

Ein anderes bildgebendes Verfahren, das in bestimmten Situationen hilfreich sein kann, ist eine Computertomografie (CT) des Schädels. So kommt beispielsweise bei einem plötzlich auftretenden, heftigsten Kopfschmerz mit Übelkeit, Erbrechen und Lichtscheu nicht nur Migräne als Ursache in Betracht, sondern eventuell auch eine frische Subarachnoidalblutung (SAB). Diese Form von Hirnblutung lässt sich in den ersten Stunden fast immer in einem Schädel-CT nachweisen.

Es gibt noch weitere Untersuchungen, die in unklaren Fällen hilfreich sein können, zum Beispiel Röntgenverfahren zur Darstellung der Hirngefäße.

Migräne: Behandlung

Auch wenn sich eine Migräne nicht heilen lässt, kann die richtige Behandlung Häufigkeit und Intensität der Schmerzattacken deutlich reduzieren. Sie umfasst neben Maßnahmen im Akutfall auch vorbeugende Maßnahmen, damit es seltener zu einem Migräneanfall kommt.

Maßnahmen im Akutfall

Eine Migräneattacke lässt sich oftmals mit Schmerzmitteln (Analgetika) in den Griff bekommen, etwa mit Vertretern der nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Acetylsalicylsäure (ASS) oder Ibuprofen. Welches Mittel in welcher Dosierung im Einzelfall am besten geeignet ist, sollten Patienten grundsätzlich mit ihrem Arzt besprechen - besonders dann, wenn es etwa um die Behandlung von Migräne in der Schwangerschaft oder bei Kindern geht.

Der behandelnde Arzt kann auch Alternativen empfehlen, wenn ein Patient nicht auf die Analgetika anspricht. In solchen Fällen wählt man ebenso wie bei (mittel-)schweren Migräne-Attacken andere Medikamente für die Akuttherapie - sogenannte Triptane (z.B. Sumatriptan, Zolmitriptan). Falls diese allein nicht ausreichend wirken, kombiniert man sie gegebenenfalls mit Schmerzmitteln aus der Gruppe der nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) wie ASS.

Geht die Kopfschmerzattacke mit Übelkeit und/oder Erbrechen einher, helfen dagegen sogenannte Antiemetika (Metoclopramid oder Domperidon).

Abgesehen von dieser medikamentösen Akuttherapie empfiehlt sich bei einer Migräne-Attacke auch der Rückzug in einen ruhigen, abgedunkelten Raum.

Vorbeugende Maßnahmen

Verschiedene vorbeugende Maßnahmen können - bei konsequenter Anwendung - die Anzahl der Migräne-Attacken deutlich verringern und oftmals auch deren Intensität reduzieren. Es zählen dazu beispielsweise:

  • Vermeidung von persönlichen Triggerfaktoren (z.B. Stress)
  • Ausdauersport
  • Entspannungsverfahren
  • Biofeedback
  • psychologische Schmerztherapie (z.B. Schmerzbewältigung, Stressmanagement)
  • ggf. kognitive Verhaltenstherapie
  • ggf. medikamentöse Migräneprophylaxe (z.B. Betablocker, Valproinsäure, Topiramat)

Treten plötzlich ungewöhnliche, sehr heftige Kopfschmerzen auf, halten die Beschwerden trotz gängiger Maßnahmen an oder kommen diese immer wieder, sollten Sie in jedem Fall einen Arzt aufsuchen!

Wie man einer Migräne vorbeugen und sie im Akutfall behandeln kann, erfahren Sie im Text: Was hilft gegen Migräne?.

Migräne: Krankheitsverlauf und Prognose

Migräne ist eine chronische Erkrankung, die Betroffene erheblich in ihrem Alltag belasten und einschränken kann. Manche Migräniker sind während eines akuten Anfalls sogar für einige Tage vollkommen außer Gefecht gesetzt.

Durch eine adäquate Behandlung und die richtige Lebensweise lassen sich die Häufigkeit und Intensität der Migräne-Attacken aber günstig beeinflussen. Bei der Einnahme von Schmerzmitteln bzw. Triptanen sollten sich Betroffene aber genau an die Anweisungen des behandelnden Arztes halten: Im Übermaß eingenommen können diese Medikamente ihrerseits Kopfschmerzen auslösen (medikamenteninduzierter Kopfschmerz).

Ein Hoffnungsschimmer für Patienten ist die Tatsache, dass die Häufigkeit der Migräne-Attacken oft mit zunehmendem Alter sinkt. Bei Frauen kann sich eine Migräne zudem mit den Wechseljahren bessern. Grundsätzlich ist der Verlauf einer Migräne aber individuell sehr verschieden und nicht vorhersagbar.

Autoren- & Quelleninformationen

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Datum :
Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Dr. med. Nina Buschek
Autoren:
Sophie Matzik

Sophie Matzik ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

ICD-Codes:
G43R51
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Berlit, P. (Hrsg.): Klinische Neurologie, Springer Verlag, 4. Auflage, 2020
  • Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG): "Migräne" (Stand: Juli 2005), unter: https://dmkg.de
  • Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG): "Migräne und Hormone" (Stand: Juli 2005), unter: https://dmkg.de
  • Diener, H.-C.: Migräne: Taschenatlas Spezial mit Leitlinie Therapie der MIgräneattacke und Migräneprophylaxe, 2. Auflage, Georg Thieme Verlag, 2006
  • Evers, S. et al.: "Therapie idiopathischer Kopfschmerzen im Kindes- und Jugendalter. Revidierte Empfehlungen der Gesellschaft für Neuropädiatrie (GNP) und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG)", in: Monatsschrift Kinderheilkunde 6/2009
  • Ganser, B. & Leis, S.: "Ätiologie und Pathogenese der Migräne", in: psychopraxis. neuropraxis 23, 76-81 (2020)
  • Göbel, H.: Migräne: Diagnostik - Therapie - Prävention, 1. Auflage, Springer Verlag, 2012
  • Herold, G.: Innere Medizin, Selbstverlag, 2021
  • Internationale Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen, 3. Auflage (ICHD-3): Migräne, unter: https://ichd-3.org/de/
  • Klingelhöfer, J. & Berthele, A.: Klinikleitfaden Neurologie, 7. Auflage, Urban & Fischer Verlag, 2021
  • Masuhr, K. F. et al.: Duale Reihe Neurologie, 7. Auflage, Georg Thieme Verlag, 2013
  • Mattle, H. & Mumenthaler, M.: Neurologie, 13. Auflage, Georg Thieme Verlag, 2012
  • Pschyrembel Online, Klinisches Wörterbuch: www.pschyrembel.de (Abruf: 15.11.2021)
  • S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie: "Diagnostik und apparative Zusatzuntersuchungen bei Kopfschmerzen" (Stand: 2012)
  • S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie: "Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne" (Stand: 2018; Austausch der redaktionell überarbeiteten Langfassung am 14.12.2020)
  • Savage, N.: "A visual guide to migraine headaches", in: Nature 586, S2-S3 (2020), https://doi.org/10.1038/d41586-020-02861-w
  • Schweizerische Kopfwehgesellschaft: "Therapieempfehlungen für primäre Kopfschmerzen", Auflage 10.1, 2021, unter: https://headache.ch
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